Freitag, 29. März 2024
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Homosexualität kein Asylgrund: Amt glaubt Diktator mehr als Flüchtling

Junger Syrer war Beamten offenbar nicht schwul genug, um in der Heimat als homosexuell verfolgt zu werden

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Peinliches Urteil des deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF): Der Asylantrag eines schwulen Syrers wurde zunächst unter anderem abgelehnt, weil in seiner Heimat „kaum jemand“ über dessen Homosexualität wusste.

Asylamt glaubt Diktator

In dem umstrittenen Bescheid bezog sich das BAMF unter anderem auf ein Interview, das Staatschef Baschar al-Assad im November im tschechischen Fernsehen gegeben hat: Dieser habe erklärt, „dass es sich bei den Bürgerkriegsflüchtlingen in der Mehrheit um gute Syrer und Patrioten“: „Vor diesem Hintergrund ist nicht generell davon auszugehen, dass alle Syrer, die ihre Heimat verlassen haben, als Regimegegner betrachtet werden“, so die Schlussfolgerung des Amtes.

Auch war der Syrer, der seinen Asylantrag in der BAMF-Außenstelle in Lebach im Landkreis Saarlouis abgegeben hat, den Behörden offenbar nicht schwul genug: Der Mann habe seine sexuelle Orientierung in Syrien „aber nicht ausgelebt und kaum jemand wusste von seiner sexuellen Ausrichtung“. Deshalb fehle es an einer „konkreten Verfolgungshandlung“ im Sinne des deutsches Asylgesetzes.

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Fehlentscheidung wurde korrigiert

Deshalb bekomme der Syrer zwar in Deutschland subsidiären Schutz, darf also vorerst in Deutschland bleiben. Der Asylantrag wurde aber zunächst abgelehnt. Der Bescheid fand seinen Weg in soziale Medien – und wurde dort zahlreich geteilt und heftig kommentiert. Nach einem öffentlichen Aufschrei hob das Bundesamt den Bescheid auf und erkannte den Mann nach Informationen des Portals queer.de mittlerweile als Flüchtling an.

Mittlerweile rudern die politischen Verantwortlichen zurück. Das Bundesinnenministerium, für das BAMF zuständig, mache sich die Einschätzung in dem Asylbescheid „nicht zu eigen“, erklärte ein Sprecher dem „Tagesspiegel“. Bamf-Sprecherin Andrea Brinkmann bestätigte der Zeitung, dass die sexuelle Orientierung durchaus als Verfolgungsgrund anerkannt werde.

Homosexualität: In Europa ein Asylgrund, in Syrien ein Haftgrund

Denn Homosexualität ist in der Europäischen Union ein Asylgrund: Im Jahr 2013 hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass Homosexuelle als Flüchtlinge anerkannt werden müssen, wenn ihnen in ihrer Heimat aufgrund ihrer sexuellen Orientierung Haftstrafen drohen und eine tatsächliche Verfolgung belegt ist.

„Wir arbeiten derzeit mit Hochdruck an dem Vorfall, da er unseren Qualitätsstandards definitiv nicht entspricht. Wie so etwas passieren konnte, ermitteln wir genau und werden daraus Konsequenzen ziehen“, so Brinkmann zum „Tagesspiegel“. Man wolle jeden Antragsteller individuell betrachten und „gerechte Entscheidungen“ treffen.

Homosexuelle Handlungen werden in Syrien mit Haftstrafen von bis zu drei Jahren bestraft. In jenen Gebieten Syriens, die von der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) besetzt sind, droht schwulen Männern der Tod. In den letzten Jahren haben die Terroristen bereits mehrmals Homosexuelle umgebracht, meist durch einen Sturz von einem Hochhaus nach einem „Gerichtsverfahren“.

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