Mittwoch, 24. April 2024
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Warme Brüder statt kalte Krieger: CSU entdeckt Lesben und Schwule

Lesben und Schwule könnten nach dem neuen CSU-Grundsatzprogramm zur "Leitkultur" gehören

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Ist es ein Ankommen in der Mitte der Gesellschaft oder nur ein liberales Feigenblatt? In ihrem geplanten Grundsatzprogramm plant die bayerische CSU, auch schwule und lesbische Paare als Teil der Leitkultur anzuerkennen. Allerdings, ohne ihnen die Öffnung der Ehe zuzugestehen. Nicht nur deshalb schauen auch andere Parteien kritisch auf die neuentdeckte Liebe der CSU zur LGBT-Community.

„Werte in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften verdienen Anerkennung“

In einem neuen Grundsatzprogramm der CSU soll es heißen: „Auch in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften werden Werte gelebt, die grundlegend für unsere Gesellschaft sind. Das verdient Anerkennung“. Das berichtet der Münchner „Merkur“. Eine ähnliche Formulierung findet sich auch im aktuellen Grundsatzprogramm der Schwesterpartei CDU.

Wie die „Welt“ berichtet, ist in dieser Passage des 44-seitigen Programms allerdings nicht von „gleichgeschlechtlichen“, sondern „eingetragenen“ Partnerschaften die Rede. Damit würden homosexuelle Paare erwähnt, oder genannt zu werden – ein Kunstgriff, der die konservativen Kräfte der CSU beruhigen könnte.

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Familienpolitik auch für homosexuelle Paare?

Familienpolitik müsse „allen familiären Situationen“ gerecht werden, heißt es dort weiter. Das gelte „für die klassische Familie von Vater, Mutter und Kindern ebenso wie für Einelternfamilien, Patchwork-Familien und eingetragene Lebenspartnerschaften“, so der Entwurf für das CSU-Programm weiter.

Dafür gehören Lesben und Schwule für die CSU nun zur deutschen „Leitkultur“, so die Schlussfolgerung der „Welt“. Dieser Begriff zieht sich in Zeiten von Flüchtlingskrise und Integrationsdebatte quer durchs Programm. Und zu dieser Leitkultur gehöre – für CSU- Verhältnisse eine kleine Revolution – auch die Akzeptanz alternativer Lebensentwürfe.

Wie allerdings auch bei der Schwesternpartei bedeutet die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften bei der CSU kein Ja zur Ehe-Öffnung. „Bei Ehe und Familie haben wir keinen Modernisierungsbedarf“, erklärt Markus Blume, Chef der Grundsatzkommission, der „Welt“.

Lesben und Schwule nur ein Schutzschild für die Integrations-Debatte?

Dass Konservative nun sexuelle Minderheiten für sich entdecken, hat einen Hintergedanken. Im arabischen Raum hat die LGBT-Debatte bis heute nicht die breite Masse erreicht, die überwiegende Mehrheit wird homophob erzogen. Die Forderung, Lesben und Schwule zu tolerieren, ist für viele Flüchtlinge und Zuwanderer damit nahe an der Grenze dessen, was man von ihnen verlangen kann.

Damit wollen die Konservativen ein Zeichen setzen, dass sie Migranten die Eingliederung in die deutsche Gesellschaft nicht zu einfach machen wollen. Das ist auch Isabell Zacharias, queerpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion im Münchner Landtag, etwas suspekt: „Die CSU versucht lediglich die Homosexuellen im ideologischen Abwehrkampf gegen den Islam zu instrumentalisieren. Das ist schäbig und unglaubwürdig.“, meint sie.

Für SPD ist der neue CSU-Kurs „schäbig und unglaubwürdig“

„Die vermeintlich progressiven Bekenntnisse gegen eine Diskriminierung homosexueller Menschen sind bei der CSU leider reine Symbolpolitik. Solange sie die Ehe für alle weiterhin ablehnt, ist keine grundsätzliche Änderung der homosexuellenfeindlichen Haltung zu erkennen.“, bewertet Zacharias die neue Homo-Freundlichkeit der CSU.

Dabei geht die CSU für diesen Kurs sehr weit. So ignoriert sie dafür offenbar auch ihren Säulenheiligen, den verstorbenen Ministerpräsidenten und Parteivorsitzenden Franz-Josef Strauß. Dieser sagte einst voll Stolz, „lieber ein kalter Krieger als ein warmer Bruder“ zu sein.

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