Donnerstag, 28. März 2024
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Tschetschenien macht wieder Jagd auf schwule Männer

Mit Listen werden Künstler gejagt - seit letzter Woche werden schwule Männer wieder verschleppt und festgehalten

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Die Jagd auf schwule Männer in Tschetschenien geht weiter. Entsprechende Berichte von Radio Free Europe bestätigte nun auch unter anderem Tanya Lokshina, Chefin der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) in Russland nun in einem Interview der deutschen Bild-Zeitung.

„Seit letzter Woche werden Männer wieder zusammengetrieben“

„Seit letzter Woche und auch schon im Frühjahr wurden Dutzende Männer unter dem Verdacht, schwul zu sein, von tschetschenischen Sicherheitskräften zusammengetrieben“, so Lokshina gegenüber Bild. Bisher glaubte man, die Verfolgungen waren im Sommer beendet worden, als der internationale Druck auf Russland zugenommen hätte.

Doch nun macht das Regime von Ramsan Kadyrow offenbar weiter. Die Opfer seien tagelang in inoffiziellen Gefangenenlagern festgehalten, „erniedrigt, ausgehungert und gefoltert“ worden, so die HRW-Büroleiterin in Moskau. „Einige dieser Männer sind verschwunden, andere wurden ihren Familien zurückgegeben, von der Folter mehr tot als lebendig, und Sicherheitskräfte haben den älteren Männern der Familie ihre sexuelle Orientierung erklärt und die Verwandten bestärkt, Ehrenmorde zu verüben.“

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Für einen Aktivisten ist es „die schlimmste organisierte Gewalt gegen Homosexuelle seit Jahrzehnten“

Auch Maxim Eristavi, LGBT-Aktivist und einzig offen schwuler Journalist der Ukraine, hat von neuen Übergriffen gehört. „Wir bekommen fast täglich Berichte verschwundener Männer“, erklärt er. Dabei handle sich „um die schlimmste organisierte Gewalt gegen Homosexuelle in Russland seit Jahrzehnten“. Eine unabhängige Bestätigung dieser Berichte gibt es derzeit nicht.

Eristavi glaubt nicht, dass die neue Welle der Gewalt gegen schwule Männer in Tschetschenien ohne Billigung des russischen Präsidenten Wladimir Putin geschehen kann. „Ein Anruf Putins kann die Gewalt beenden, wie wir im Frühling gesehen haben“, erinnert der Journalist im Gespräch mit der Bild-Zeitung.

Tschetschenische Sicherheitskräfte haben „schwarze Listen“ mit Namen

Auch sollen In den letzten Tagen schwarze Listen von weiteren „möglichen Homosexuellen“ in Umlauf gebracht worden sein, die nach Geständnissen gefolterter Häftlinge erstellt wurden. Das berichtet das US-finanzierte Nachrichtenportal Radio Free Europe auf seiner russischsprachigen Seite.

Dabei soll es sich vor allem um Künstler handeln: „Auf dieser Liste gibt es zwei oder drei Dutzend Namen von Kulturschaffenden, meistens Sänger, die von Leuten verraten wurden, die in geheimen Gefängnissen für Schwule gehalten wurden“, so der Mitarbeiter einer lokalen Menschenrechts-Organisation. Mindestens drei Häftlinge sollen nach den Künstlern auf der Liste gefragt worden sein.

„Menschen, denen wir geholfen haben, die Republik zu verlassen, sagten, dass die Namen von bekannten Sängern auf den Listen sind, und wir wissen, dass einige von ihnen Tschetschenien verlassen haben und um ihr Leben fürchten“, fügte er gegenüber Radio Free Europe hinzu.

Seit April werden schwule Männer in Tschetschenien verfolgt

Anfang April wurde erstmals über die gezielte Verschleppung und Folter schwuler Männer in der Kaukasus-Republik Tschetschenien berichtet. Informationen des russischen LGBT-Network zufolge dürften Anfang Juni 200 mutmaßlich schwule Männer in tschetschenischen Geheimgefängnissen eingesperrt gewesen sein. Der Kopf hinter der Aktion dürfte nach Recherchen von HRW Magomed Daudov, Sprecher des tschetschenischen Parlaments sein.

Aufgrund des großen internationalen Drucks dürften die Verfolgungen kurzfristig ausgesetzt worden sein. So haben unter anderem die Vereinten Nationen, die Europäische Union und die USA Russland aufgefordert, die Vorfälle zu untersuchen. Die tschetschenische Führung hat die Vorwürfe wiederholt zurückgewiesen.

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