Dienstag, 16. April 2024
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Milde Urteile nach Überfall auf schwules Paar

Händchenhaltend über Brücke: Opfer haben Mitschuld „provokatives und herausforderndes Verhalten“

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Weil sie ein schwules Paar verprügelt haben sollen, sind vier Burschen am Montag im niederländischen Arnheim zur Ableistung von Sozialstunden und zur Zahlung einer Entschädigung verurteilt worden. Für einen schwulenfeindlichen Hintergrund gab es dem Gericht zufolge zu wenig Beweise.

Auf dem Heimweg begegnete das Paar einer Gruppe Jugendlicher

Der Vorfall ereignete sich vor ziemlich genau einem Jahr: Anfang April 2017 waren der 34-jährige Jasper und sein drei Jahre jüngerer Freund Ronnie gegen vier Uhr früh händchenhaltend auf dem Heimweg von einer schwulen Party gewesen.

Auf der Nelson-Mandela-Brücke beschimpfte sie zunächst eine Gruppe Jugendlicher schwulenfeindlich. Als sie an den Burschen vorbeigingen, schlugen diese zu. Als Tatwaffe sollen die Angreifer einen Bolzenschneider verwendet haben. Dabei wurden Ronnie vier Schneidezähne und ein Eckzahn ausgeschlagen und die Oberlippe verletzt, Jasper erlitt Prellungen an den Lippen.

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Die Polizei konnte schon bald Verdächtige festnehmen – und musste sie wieder laufen lassen

Am Tag darauf konnte die Polizei von Arnheim zwei Verdächtige, 14 und 20 Jahre alt festnehmen. Vier weitere Jugendliche stellten sich daraufhin der Polizei. Doch schon wenige Tage später wurde die Untersuchungshaft gegen die Burschen aufgehoben, weil dem Gericht zufolge keine Widerholungsgefahr bestehe.

Schon damals stritt einer der mutmaßlich beteiligten Jugendlichen ab, dass es sich um einen schwulenfeindlichen Angriff gehandelt habe. Das Paar soll die Jugendlichen provoziert haben, sagten sie. Und auch vor Gericht forderten die Verteidiger der Burschen, es müsse sich strafmildernd für ihre Klienten auswirken, dass sich die beiden schwulen Männer selbst „aggressiv“ verhalten hätten.

Das Gericht gibt dem schwulen Paar eine Mitschuld daran, dass sie verprügelt wurden

Das Gericht folgte dieser Argumentation: Jasper und Ronnie hätten durch ein „provokatives und herausforderndes Verhalten“ eine Mitschuld. Einen homophoben Hintergrund konnte der Richter hingegen nicht feststellen – obwohl die Jugendlichen ihre Opfer nachweislich mit homophoben Wörtern wie „flikker“, also „Schwuchtel“, bedacht hatten.

Die Burschen müssen nun zwischen 80 und 160 Sozialstunden leisten. Außerdem müssen sie den Opfern eine Entschädigung in der Höhe von fast 5.000 Euro zahlen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Es gilt weiter die Unschuldsvermutung.

Die Verteidigung der Burschen hat angekündigt, möglicherweise Berufung einzulegen. Einer der Verteidiger meinte, sein Klient habe wegen der Berichterstattung über den Vorfall schon genug gelitten und sei deshalb schon genug bestraft worden. So sei er etwa von der Schule geflogen und beschimpft worden.

LGBT-Aktivisten kritisieren das Urteil als falsches Zeichen an die Öffentlichkeit

Auch LGBT-Aktivisten kritisieren das Urteil und fordern, es so nicht zu akzeptieren. Die Justiz sende damit „ein völlig falsches Signal“ an die Öffentlichkeit, kritisiert die LGBT-Organisation COC Nederland: „Es wird so getan, als ob es die normalste Sache der Welt sei, wegen seiner sexuellen Orientierung beschimpft zu werden“, heißt es in einer Stellungnahme.

Jasper und Ronnie sind froh, dass der Prozess nun einmal vorbei ist. Auch für sie war es eine harte Zeit: „Das letzte Jahr hat uns richtig fertiggemacht. Ich weiß nicht, ob wir nochmal durch diesen ganzen Prozess gehen sollten, nur damit die Täter 20 Sozialstunden mehr kriegen“, sagte er dem niederländischen Fernsehen. Andererseits unterstütze er die Position von COC Nederland.

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