Samstag, 20. April 2024
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Life-Ball-Aussagen der Gesundheitsministerin sorgen für Diskussionen

Beate Hartinger-Klein (FPÖ) glaubte unter anderem, der HIV-Test sei Teil der Gesundenuntersuchung - doch das stimmt nicht

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Der Auftritt von Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein auf dem Life Ball am Samstag hat für Verstimmung in der Community gesorgt: Nicht nur, dass es für viele ein Tabubruch ist, eine FPÖ-Politikerin auf die Bühne zu holen – die Ministerin glänzte auch durch Unwissenheit. Die Aids Hilfe Wien und die NEOS wollen sie allerdings dafür beim Wort nehmen.

Den Status zu testen ist einfach – aber beim Arzt zur selten kostenlos

„Lasst alle euren Status prüfen – das ist sehr leicht möglich, in Krankenhäusern, beim niedergelassenen Arzt, in jeder Aids-Hilfe-Station (…) und natürlich auch in der Apotheke“, rief die Gesundheitsministerin das Publikum während ihres Auftritts im Rahmen der „Know Your Status“-Kampagne zu.

Allerdings: Die Kosten für einen HIV-Test ohne Verdachtsmomente werden derzeit nicht von den österreichischen Sozialversicherungen übernommen, erklärt der HIV-Experte Gerold Felician Lang in einem Gastbeitrag für den Standard. „Prävention mag Hartinger-Klein vielleicht – wie öffentlich am Life Ball ausgesprochen – interessieren, aber dann muss sie auch endlich konform handeln!“, fordert er.

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Die Aussagen von Hartinger-Klein stimmen mit der Realität in Österreich nicht überein, sagt ein HIV-Experte

Auch die Postexpositionsprophylaxe (PEP), die Verhinderung einer HIV-Infektion durch die Einnahme von Medikamenten unmittelbar nach dem Risikokontakt, werde in Österreich weder vorbehaltlos, noch flächendeckend angeboten und sei nur in seltenen Fällen kostenfrei. „Sozialversicherte der StGKK und der BGKK erhalten nach sexuellem Risikokontakt mit hoher HIV-Transmissionswahrscheinlichkeit niemals die Kosten der PEP ersetzt, Versicherte der WGKK nur, wenn ein Kondomplatzer vorliegt“, erklärt Lang.

Hier sei Österreich „in Westeuropa definitiv Schlusslicht“, denn nur ein niederschwelliger Zugang zu PEP könne mögliche Infektionen verhindern. Den „selbstbeweihräuchernden und die Öffentlichkeit fehlinformierenden Auftritt“ der Gesundheitsministerin „bei der bedeutendsten Anti-HIV- und Aids-Veranstaltung“ findet Lang, der auch Mitglied der österreichischen Aids-Gesellschaft und Mitglied des Steering-Komitees „Fast Track Cities“ Wien ist, dementsprechend „schlichtweg unverantwortlich“.

„Der HIV-Test in in jeder Gesundheitsuntersuchung drinnen“, glaubt die Ministerin – doch das stimmt nicht

Und auch sonst glänzt die Gesundheitsministerin nicht mit Grundlagenwissen: Auf die Frage, ob sie ihren HIV-Status kenne, antwortete Hartinger-Klein: „Natürlich kenne ich meinen Status. Es ist in jeder Gesundheitsuntersuchung drinnen.“ Doch das stimmt nicht, betont Lang: „Ein HIV-Test ist nicht Bestandteil der Gesundenuntersuchung, die Änderung dieses Umstandes ist überfällig!“

Eine Sprecherin der Ministerin bestätigte dieses Vorhaben am Montag. Details gebe es allerdings noch nicht. Ärztekammer, NEOS und die Aids Hilfe Wien wollen Hartinger-Klein an dieser Ankündigung messen. 2Es ist sehr erfreulich, dass sich offenbar doch etwas bewegt und Hartinger-Klein am Life ball genau das vorschlägt. Rund die Hälfte der Diagnosen wird zu spät gestellt, das machte es auch schwierig, Neuinfektionen zu bekämpfen. Wird der HIV-Test standardmäßig Teil der Gesundenuntersuchung, wäre das ein großer Schritt“, so NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker.

Wird Hartinger-Klein ihre Ankündigungen vom Life Ball umsetzen?

Auch die Aids Hilfe Wien (AHW) freue sich „sehr über das Commitment von Frau BM Beate Hartinger-Klein, HIV-Neuinfektionen frühestmöglich zu erkennen“, erklärte AHW-Obmann Wolfgang Wilhelm. Aus Sicht der Organisation bedarf es aber einer nationalen Teststrategie, um den HIV-Test in Zukunft noch zielgerichteter anbieten zu können.

Wichtig sei vor allem ein Testangebot durch Ärzte und der Ausbau des niederschwelligen Testangebots der Aidshilfen: „Diese stellen mit einem sehr geringen Anteil an den – in Österreich durchgeführten – Tests mit 70 bis 80 Erstdiagnosen pro Jahr einen großen Teil der Neudiagnosen. Die Aidshilfen testen also hoch effizient und genau jene Personen, die einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind und beraten hier individuell und wertschätzend“, so Wilhelm weiter.

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