Ein hoher Repräsentant der römisch-katholischen Kirche bestreitet, dass die Kirche ein Problem mit pädophilen Priestern hat. Das wahre Problem seien Priester, die auf pubertierende Burschen stehen, so Erzbischof Silvano Tomasi, ständiger Vertreter des Vatikans bei den Vereinten Nationen.
„Von allen, die in Misshandlungen verwickelt waren, gehören 80 bis 90 Prozent zu dieser sexuellen Orientierung. Sie lassen sich mit Burschen zwischen elf und 17 Jahren ein“, so Tomasi laut der britschen Tageszeitung „The Guardian“. Dabei beruft er sich auf „verfügbare Forschungsarbeiten“, ohne die Quellen zu nennen.
Seriöse Wissenschafter kommen allerdings zu einem anderen Schluss: Der angesehene Londoner Professor Arnon Bentovim geht davon aus, dass junge Mädchen zwei bis vier Mal öfter Opfer sexueller Gewalt werden als Burschen.
Tomasi relativiert auch die Zahl der Misshandlungen, in die römisch-katholische Geistliche verwickelt sind. Seiner Meinung nach betrifft das Problem „nur“ 1,5 bis fünf Prozent der Priester. Bei über einer halben Million Männern, die bei der Kirche angestellt sind, würden sich demnach fast 30.000 von ihnen weltweit an der Misshandlung von Kindern beteiligen.
In letzter Zeit nutzt die römisch-katholische Kirche immer wieder Schwule als Sündenböcke: So hat Pater John Owen im Mai Schwule für die Pädophilenskandale in der Kirche verantwortlich gemacht, und Papst Benedikt XVI. hatte letzten Dezember erklärt, dass Schwule „Gottes Werk“ vernichten würden.
Die römisch-katholische Kirche musste in den letzten Jahren weltweit Milliarden Euro aufbringen, um Opfer von Kindesmissbrauch zu entschädigen. In den USA allein mussten die Landeskirchen über zwei Milliarden Dollar an ihre Opfer zahlen – und das, obwohl nur ein Bruchteil der Anschuldigungen vor Gericht Erfolg hatte.