Samstag, 20. April 2024
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Baltic Pride in Vilnius verboten

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Dieses Wochenende hätte in der litauischen Hauptstadt Vilnius die „Baltic Pride“ stattfinden sollen, eine gemeinsame Parade für Lesben und Schwule aus dem Baltikum. Stattdessen wurde heute früh die Genehmigung der Stadtverwaltung vom Verwaltungsgericht von Vilnius zurückgezogen. Der offizielle Grund für die Absage waren Sicherheitsbedenken.

Die Anträge dazu kamen einerseits von Generalstaatsanwalt Raimondas Petrauskas und andererseits von Stanislovas Buskevicius, Abgeordneter des Stadtrates von Kaunas. Die Parade hätte am Samstag stattfinden und von der schwedische EU-Ministerin Birgitta Ohlsson eröffnet werden sollen. Ohlsson kündigte nach Bekanntwerden des Verbots in Stockholm einen offiziellen Protest ihrer Regierung an. Der litauische „Verband tolerante Jugend“ möchte mit einer Gegenklage den Umzug doch noch möglich machen.

Wie es aus dem Büro des Generalstaatsanwaltes hieß, habe man Informationen bekommen, dass „radikale und gewalttätige Gruppen Proteste und Provokationen gegen die Teilnehmer des Marsches“ organisieren. „Wir glauben deshalb, dass der Staat nicht in der Lage sein wird, die Teilnehmer auf den vorgesehenen Örtlichkeiten, zum Beispiel den Straßen von Vilnius, zu schützen“, heißt es in einem Antrag des Generalstaatsanwaltes an das zuständige Gericht. Deshalb forderte die Behörde die Rücknahme der Genehmigung für den „Baltic Pride“, die von der Stadtverwaltung von Vilnius bereits erteilt wurde. Diesem Antrag hat der Gericht nun stattgegeben.

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„Ich habe nur ein Argument – die öffentliche Sicherheit aufrecht zu erhalten“, erklärt Petrauskas: „In diesem Fall gibt es eine Gefahr für das Wohl der Menschen und die öffentliche Sicherheit, und deshalb sollte die Genehmigung nicht erteilt werden.“ Er sei sich bewusst, dass sich der Ruf Litauens als schwulenfeindliches Land nun verstärkt werde – „aber wie hätte es ausgesehen, wenn es Berichte über Gewalt gegeben hätte?“

Dass die Gefahr für die Teilnehmer der „Baltic Pride“ real ist, beweist eine Umfrage des Info-Portals delfi.lt, die Anfang April veröffentlicht wurde: Demnach sind 70 Prozent der Litauer gegen die „Baltic Pride“. 43 Prozent der Bevölkerung glauben, Homosexualität sei mehr oder weniger eine Krankheit. Gegen Mitglieder einer Facebook-Gruppe, die mit Hass- und Gewaltaufrufen gegen die Parade mobilisieren, hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen. Die Gruppe, in der auch zum Mord an Lesben, Schwulen und Transgendern aufgerufen wurde, ist mittlerweile geschlossen. Eine gemäßigtere Gruppe gegen die Parade hat allerdings laut einer Aussendung der Organisatoren der „Baltic Pride“ fast 19.000 Mitglieder.

Stanislovas Buskevicius gibt in seinem Antrag zum Paraden-Verbot unumwunden zu, schwulen- und lesbenfeindlich zu sein: Die Parade würde „die Werte Litauens gefährden – Anstand, Treue, Fruchtbarkeit und Menschenwürde“, so der Stadtrat.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) hatte schon vor dem Gerichtsentscheid protestiert: „Ein Verbot des Marsches oder das Versagen bei der Sicherung der Teilnehmer würde ein Signal an alle Litauer und den Rest der Welt senden, dass die Menschenrechte hier nur selektiv wahrgenommen werden können.“

Auch der offen schwule Grüne Bundestagsabgeordnete Volker Beck ist über die Absage empört: „Das Verbot des Baltic Pride in Vilnius an diesem Wochenende ist ein klarer Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention und nicht mit der Rechtslage der Europäischen Union vereinbar“, schreibt er auf seiner Homepage. Er fordert das Außenministerium von Guido Westerwelle auf, bei der lettischen Präsidentin Dalia Grybauskaitė für eine Durchführung der Parade zu intervenieren. „Der Kampf für die Menschenrechte von Lesben und Schwulen findet in den Parlamenten und auf der Straße statt. Erst in der vergangenen Woche hat der Europarat erneut bestätigt, dass die Meinungs- und Versammlungsfreiheit auch und gerade für Lesben und Schwule gilt. Die Rechtslage ist also eindeutig“, so Beck weiter. Er selbst wird am Freitag in Vilnius an einer Konferenz mit Parlamentariern aus verschiedenen europäischen Staaten teilnehmen.

Die Organisatoren des „Baltic Pride“ haben in der Generalstaatsanwaltschaft Beschwerde gegen Petrauskas eingelegt: Er versuche, mit seiner Position als Leiter der Behörde „illegalen Druck auszuüben“, ohne das öffentliche Interesse genau definieren zu können. Litauen steht seit mehreren Jahren wegen der Diskriminierung Homosexueller auch durch Gesetzgebung in der internationalen Kritik.

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