Dienstag, 16. April 2024
HomeAllgemeinSt. Petersburg will Homosexualität verbannen

St. Petersburg will Homosexualität verbannen

Meistgelesen

Neu auf GGG.at

Die Stadtversammlung von St. Petersburg hat ein Gesetz auf den Weg gebracht, dass „die Werbung für Homosexualität, Lesbentum und Transgendertum“ verbieten soll. Offiziell geht es den verantwortlichen Politikern um den Schutz von Minderjährigen. Das Parlament nahm das Gesetz in erster von drei Lesungen mit einer erdrückenden Mehrheit von 27 gegen einer Stimme an.

So sollen alle bestraft werden, die öffentlich die „nicht traditionelle Orientierung“ propagieren, erklärt der Präsident der Stadtversammlung, Wadim Tjulpanow, der auch gleichzeitig Stadtparteichef der Putin-Partei „Einiges Russland“ ist.

Als Beispiel für „Schwulenpropaganda“ nannte die Abgeordnete Jelena Babitsch das Aufhängen von Regenbogenfahnen. Dass Lesben- und Schwulenparaden damit nicht einmal mehr den Funken einer Chance haben, genehmigt zu werden, versteht sich wohl von selbst.

- Werbung -

Uneinig sind sich die Politiker in St. Petersburg, was eigentlich „homosexuelle Propaganda“ sei. Vitali Milonow von „Einiges Russland“, der Autor der Gesetzesinitiative, versprach eine genaue Definition bei der zweiten Lesung. Die Höhe der Strafen wird noch diskutiert. Babitsch fordert, dass die Höhe der Strafen abschreckend sein müsse. Derzeit ist die Rede von Strafen bis zu 3.000 Rubel (ca. 70 Euro) für physische Personen, bis zu 5.000 Rubel (ca. 120 Euro) für Staatsbeamte und bis zu 50.000 Rubel (ca. 1.200 Euro) für juristische Personen. Diese Beträge könnten sich aber noch vervielfachen: Die Summe der Strafe könnte auf 500 000 Rubel (ca. 12.000 Euro) pro juristische Person wachsen, so Tjulpanows Sprecherin Jelisaweta Agamaljan: „Der Vorsitzende hat heute nicht ausgeschlossen, dass zur zweiten Lesung Änderungen vorgeschlagen werden, die Strafen in Höhe von einer halben Million Rubel für juristische Personen möglich machen.“

Unterstützung für die Gesetzesintitative gibt es von Walentina Matwijenko, ehemalige Gouverneurin von St. Petersburg und heute Vorsitzende der russischen Länderkammer des Parlaments, des Föderationsrates. Sie halte die Petersburger Initiative „grundsätzlich für richtig“ und hielte es „durchaus für möglich, das Gesetz auf föderaler Ebene anzunehmen“, also auf ganz Russland auszuweiten. Ähnliche Gesetze gibt es bereits in mehreren russischen Regionen, unter anderem der nordrussischen Großstadt Archangelsk und dem Bezirk Rjasan.

Mehrere Abgeordnete von „Einiges Russland“ loben das Gesetz. Die Duma-Abgeordnete Jekaterina Ljachowa erklärte, sie habe zwar noch nichts davon gehört, sei aber auf jeden Fall dafür: „Eine normale Lebensweise wird bei uns ja nicht propagiert, nur irgendwelche unnormalen Neigungen. Ich muss sagen: Das wird bei uns sehr begrüßt“, erklärt sie.

Und auch die russische Hauptstadt scheint in Vorwahlzeiten auf den Geschmack zu kommen. „Wir planen die Annahme eines solchen Gesetzes in Moskau in nächster Zeit und sind jetzt dabei, es im Detail auszuarbeiten“, erklärte Ljudmila Stebenkowa, Leiterin des städtischen Komitees für Gesundheitsschutz. Auch ihr gehe es nur um den Schutz der Jugend vor negativen Einflüssen. Anton Padejew, Vorsitzender des Stadtduma-Ausschusses für Bürgerinitiativen und religiöse Vereinigungen, teilt diese Meinung: „So ein Gesetz hilft allen, denn diese Propaganda muss unterbunden werden“, erklärt er gegenüber Medien.

Die russische Lesben- und Schwulencommunity ist entsetzt. Schließlich komme das Gesetz einem Verbot von Homosexualität in der Öffentlichkeit gleich, erklärt die offen lesbische Journalistin Jelena Kostjutschenko: „Das steht natürlich nicht wortwörtlich drin in dem Gesetz. Aber da steht: Verbot für Versammlungsorte, an denen theoretisch ein Minderjähriger vorbeikommen kann; Verbot für Zeitungen und Artikel, die theoretisch von einem Minderjährigen gelesen werden können.“

Dass dies der Menschenrechtskonvention widerspreche, die auch von Russland unterschrieben wurde, scheint die Politiker nicht zu kümmern. Dafür gibt es immer mehr internationalen Protest: Eine Internet-Petition gegen das neue Gesetz hat bereits mehr als 115.000 Unterstützer.

Links zum Thema

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner