Donnerstag, 28. März 2024
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[Update] Erzdiözese Wien gegen schwulen Pfarrgemeinderat

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Wenn ein 26-jähriger Mann aktiv am Gemeindeleben teilnimmt, im Kirchenchor singt und bei Veranstaltungen mithilft, ist der Pfarrer in der Regel froh, wenn dieser Mann auch im Pfarrgemeinderat sitzt. Außer, er ist schwul und lebt in einer Eingetragenen Partnerschaft.

Genau das ist in Stützenhofen im Bezirk Mistelbach der Fall. Dort wurde Florian Stangl, von Beruf Behindertenbetreuer, zunächst ohne sein Wissen von 14 Bewohnern zur Pfarrgemeinderatswahl aufgestellt. Dass er schwul ist, ist in dem kleinen Ort kein Geheimnis: „Nachdem wir unsere Partnerschaft vor der Be­hörde geschlossen hatten, luden wir zu uns nach Hause zu einem Fest ein, zu dem mehr als die halbe Ortschaft kam“, erinnert er sich gegenüber dem „Kurier“.

Bei einer Vorwahl blieben von 43 Kandidaten sechs übrig, darunter auch Stangl. „Der Pfarrer hat mich im Urlaub angerufen und gebeten, nicht bei der Wahl anzutreten“, erinnert er sich in den „Niederösterreichischen Nachrichten“ (NÖN). Wie Pfarrer Gerhard Swierzek sagt, wollte er auf persönliche Anweisung von Kardinal Schönborn die Wahl Stangls noch verhindern. Doch da alle Stimmzettel verteilt waren, nahm die Wahl ihren Lauf. Stangl gewann: Von allen Kandidaten erhielt er mit über 80 Prozent die meisten Stimmen – und jede Menge Unterstützung aus der Bevölkerung: „Der Vorsitzende der Pfarrgemeinderatswahl hat mich gebeten, die Wahl anzunehmen. Egal was die Diözese angeblich dazu sagt – die Leute wollen, dass ich das mache“, so Stangl in der „NÖN“.

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Doch die zuständige Erzdiözese Wien stellt sich gegen den offen schwulen Pfarrgemeinderat quer – mit allen Mitteln. So erklärt Michael Prüller, Leiter der Öffentlichkeitarbeit, dass Stangl als offen schwuler Mann gar nicht aufgestellt werden durfte. Denn in den Pfarrgemeinderat dürfen nur Katholiken, die „sich zur Glaubenslehre und Ordnung der Kirche bekennen“. Dies treffe auf Stangl nicht zu, da er in einer Eingetragenen Partnerschaft lebe. Damit habe er sich „in einer wichtigen Materie nicht zur Glaubenslehre der Kirche bekannt“ und könne nicht gewählt werden, so Prüller.

Eine umstrittene Meinung, der sich nicht alle Geistlichen anschließen. Für den zuständigen Dechant George van Horick ist die Stellungnahme des Erzbistums „nur eine Meinung“, wie er dem „Bezirksblatt“ sagt: „Einen solchen Fall hatten wir noch nie, da gibt es noch keine Entscheidung.“ Van Horick vergleicht den Fall mit geschiedenen Wiederverheirateten, die auch an der Pfarrgemeinderatswahl teilnehmen dürfen. „Auch wenn ich damit nicht glücklich bin, sollte man Menschen nicht pauschal diskriminieren“, so der Dechant.

Genau das passiert aber jetzt in Stützenhofen: „Der Pfarrer hat mich gebeten, nicht mehr zur Kommunion zu gehen. Er hat gemeint, dass er sie mir nicht verwehren kann, aber er hat mich gebeten“, ärgert sich Stangl. Das finde er fast noch schlimmer, weil es wie ein Ausschluss aus der Kirche sei. Auch behauptet der Pfarrer, dass Stangl seine Kandidatur am Vorabend der Wahl zurückgelegt habe, was dieser bestreitet. Pfarrer Swierzek betont im Gespräch mit dem „Kurier“, dass er persönlich nichts gegen Stangl habe. Noch am Sonntag habe er Stangl beim Fastensuppenessen die Hand gereicht.

Aber der Ort steht hinter ihm: „Ich muss sagen, ich komme mir ein paar Jahrhunderte zurückversetzt vor“, sagt ein Stützenhofener dem ORF Niederösterreich. Und eine andere Bürgerin ergänzt: „Das Traurigste an der Geschichte ist für mich, wenn er seine Homosexualität im stillen Kämmerlein ausüben würde, hätte keiner was dagegen, aber, weil er ehrlich ist und zu seiner Neigung steht, kriegt er Schwierigkeiten“.

Nun wird in der Erzdiözese Wien geprüft, wie es mit dem offen schwulen Kirchengemeinderat weitergeht. Homophob will man nicht sein: „Eine homosexuelle Neigung ist kein Hindernis für die Mitgliedschaft im Pfarrgemeinderat“, betont Prüller. Das Problem sei die „ausgelebte Homosexualität“. Und: „Ich möchte betonen, dass sein Wert als Mensch, Katholik und seine Würde ja weiterhin außer Frage stehen.“

Kardinal Christoph Schönborn ist zurzeit verreist und wird erst am Freitag in Wien zurückerwartet.

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