Donnerstag, 18. April 2024
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Schwuler Pfarrgemeinderat: Schönborn will beruhigen

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Der Konflikt um einen offen schwulen Pfarrgemeinderat scheint sich zu entschärfen. Am Samstag hat sich Florian Stangl, der in seiner Heimatpfarre Stützenhofen mit überwältigender Mehrheit gewählt wurde, mit dem zuständigen Bischof, Kardinal Christoph Schönborn, getroffen. Beide sprachen von einem guten Gespräch.

„Es war ein sehr ehrliches, angenehmes Gespräch zwischen mir, meinem Lebensgefährten und dem Kardinal“, sagte Stangl der Tageszeitung „Die Presse“. Und ergänzt: „Ich habe ein gutes Gefühl.“

Aufgeben will der 26-Jährige nicht: „Ich werde von mir aus nicht auf die Kandidatur für den Pfarrgemeinderat verzichten. Ich werde nur dann nicht Pfarrgemeinderat, wenn es kirchenrechtlich absolut nicht geht.“

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Auch Kardinal Schönborn sprach gegenüber der römisch-katholischen Nachrichtenagentur Kathpress von einem „guten Gespräch“. Er stellte eine Lösung in Aussicht, die „die Würde aller Beteiligten und die kirchlichen Regelungen respektiert“.

Ob Stangl tatsächlich Pfarrgemeinderat von Stützenhofen wird, ist aber noch nicht fix. So werden im Laufe dieser Woche die Wahlkommission der Erzdiözese Wien und der Bischofsrat mit der Pfarrgemeinderatswahl noch einmal unter die Lupe nehmen. Dabei gehe es, so Schönborn, um „Irregularitäten bei der Vorbereitung“ und „die Sanierung der Wahl“. Die Kriterien für die Wählbarkeit hätten deutlicher formuliert werden müssen, so der Kardinal.

Mit dem Gespräch reagiert Schönborn auch auf den kircheninternen Druck. So haben zahlreiche kirchennahe Organisationen Florian Stangl ihre Solidarität verkündet. So sieht die Plattform „Wir sind Kirche“ in „gelebter Homosexualität“ kein Hindernis zur Annahme von Ämtern in der Kirche – „weder für einen Pfarrgemeinderat noch für einen Papst“. Das habe die Initiative bei ihrer Vollversammlung in St. Pölten am Samstag einstimmig festgestellt.

Für „Wir sind Kirche“ ist die Ablehnung von Lesben und Schwulen für Dienste in der Kirche eine „eklatante Diskriminierung“, wie sie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte regelmäßig in Entscheidungen verurteile.

Auch die Katholische Aktion Oberösterreich unterstützt den gewählten Pfarrgemeinderat. Präsident Bert Brandstetter bezeichnet Zurückweisung von Stangl als „unchristlich, unsolidarisch und unklug“. Er verweist auf den geltenden Katechismus. Dort sei über Homosexuelle zu lesen, sie „haben diese Veranlagung nicht selbst gewählt … Ihnen ist mit Achtung … zu begegnen. Man hüte sich, sie in irgend einer Weise ungerecht zurückzusetzen. Auch diese Menschen sind berufen, in ihrem Leben den Willen Gottes zu erfüllen.“

Die kirchliche Werthaltung der Solidarität dürfe nicht vor Menschen Halt machen, die sexuell anders orientiert sind wie die Mehrheit der Bevölkerung, so die Katholische Aktion Oberösterreich. Sie warnt, dass mit solchen Entscheidungen „der weit verbreitete Vorwurf kirchlicher Doppelmoral genährt“ werde: „Privat gelebte Homosexualität werde stillschweigend geduldet, eine offiziell gelebte und eingetragene Partnerschaft aber diskriminiert“.

Auch die sozialdemokratische Homosexuelleninitiative SoHo kritisiert die Erzdiözese Wien. Deren Vorgehen sei diskriminierend und homophob, sagt die niederösterreichische Landesvorsitzende Michaela Menclik. Sie spricht von einem mittelalterlichen Vorgehen.

Für den Betroffenen kommt die breite Unterstützungswelle überraschend. „Die Diskussion ist für mich sehr unwirklich. Ich hätte nie gedacht, dass das Thema so viele interessiert“, sagte er der „Presse“.

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