Samstag, 20. April 2024
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Familienname und Standesamt: ÖVP bewegt sich

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Bewegt sich die ÖVP, wenn es um Eingetragene Partnerschaften geht? Aktuelle Stellungnahmen legen nahe, dass die Volkspartei ihren prinzipiellen Widerstand gegen schwule und lesbische Paare zumindest teilweise aufzugeben scheint.

„Sind Homo-Paare eine Familie oder nicht?“

Anstoß der aktuellen Entwicklung war erneut ein Interview der parteifreien, aber von der ÖVP nominierten Familienministerin Sophie Karmasin.

Diese hat sich am Samstag im Ö1-„Journal zu Gast“ dafür ausgesprochen, die Eingetragene Partnerschaft stärker an die Ehe anzugleichen: So sollen diese künftig auch auf dem Standesamt statt bei den Bezirksverwaltungsbehörden geschlossen werden. Karmasin spricht sich auch dafür aus, den damals von ÖVP-Innenministerin Maria Fekter eigens für Eingetragene Paare geschaffenen „Nachnamen“ abzuschaffen und ihnen einen – gemeinsamen – „Familiennamen“ zu geben.

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„Letztendlich geht es da nicht nur um die Namensfrage, da geht es sehr stark um die Frage: Sind homosexuelle Paare eine Familie oder nicht?“, so Karmasin gegenüber dem ORF-Radio. Die derzeitige Regelung sei „schon eine ziemlich starke Diskriminierung“, so die Ministerin.

Auch will Karmasin ändern, dass gleichgeschlechtliche Paare nicht in Karenz gehen können, wenn sie ein Pflegekind betreuen. „Das würde ich einmal schleunigst ändern“, sagt sie im Ö1-Gespräch. Sie habe deshalb bereits Kontakt mit Sozialminister Rudolf Hundstorfer von der SPÖ aufgenommen.

Pröll-Vertraute Mikl-Leitner signalisiert Zustimmung

Aus dem engsten Kreis des Vizekanzlers kommt Zustimmung zu den Vorschlägen der parteifreien Ministerin. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, wie Spindelegger aus der niederösterreichischen ÖVP, könne sich „gut vorstellen“, die Standesämter für Eingetragene Partnerschaften von schwulen und lesbischen Paaren zu öffnen. „Es ist nicht wichtig, was am Türschild steht“, stellt sie eine frühere ÖVP-Kernforderung in Frage. Die Eingetragenen Partnerschaften am Standesamt zu schließen, könne außerdem zu einer Verwaltungsvereinfachung führen, so Mikl-Leitner weiter. Dass ihre Partei auf dieser Konstruktion bestanden hat, erwähnt die ÖVP-Politikerin nicht.

Allerdings beharrt Johanna Mikl-Leitner darauf, dass Eingetragene Partnerschaften bei allen Anpassungen an das Eherecht nicht Ehe heißen. Dieser Begriff müsse der Beziehung zwischen Mann und Frau vorbehalten bleiben, weil diese Verbindung „grundlegend für unsere Gesellschaft ist“, so die ÖVP-Ministerin.

Justizminister Brandstetter will auch über Homo-Adoptionen reden

Auch Justizminister Wolfgang Brandstetter zeigt sich gegenüber gegenüber den Vorschlägen seiner Kollegin offen. „Ich kann mir das sehr gut vorstellen“, sagte er zu einem Ende des Familiennamens und dem Schließen von Eingetragenen Partnerschaften am Standesamt.

Brandstetter zeigt sich auch offener, wenn es um die Öffnung des Adoptionsrechts für schwule und lesbische Paare geht. Der Minister sagte, man müsse grundsätzlich diskutieren, wie viele Regeln und Verbote eine Gesellschaft brauche. Die rechtsstaatliche Debatte in den vergangenen Jahren sei eher in Richtung weniger Verbote und Vorschriften und mehr Freiheiten geführt worden. Daher sei „vieles nicht in Stein gemeißelt“, so der ÖVP-Minister.

Unterstützung von SPÖ, Grüne und NEOS wollen mehr

Unterstützung bekommt Karmasin erwartungsgemäß vom Koalitionspartner. „Ich bin dafür, endlich all jene Lücken zu schließen, die homosexuelle Paare von einer hundertprozentigen Gleichstellung trennen“, so SPÖ-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek. Dass auch gleichgeschlechtliche Paare einen Familiennamen bekommen sollen, ist für Heinisch-Hosek ein „wichtiges Zeichen der Anerkennung von Regenbogenfamilien, das wir schon lange fordern“.

Der Opposition geht der Vorschlag der Familienministerin nicht weit genug. Für Albert Steinhauser, Justizsprecher der Grünen, ist es erfreulich, dass Karmasin die Zeichen der Zeit erkannt habe „und damit einer weiteren Blamage der ÖVP vor dem Verfassungsgerichtshof zuvorkommt“. Dass Karmasin und Mikl-Leitner die Adoption weiterhin nicht für gleichgeschlechtliche Paare öffnen möchten, ist für Steinhauser allerdings ein Zeichen, „dass die ÖVP noch nicht soweit ist anzuerkennen, dass die sexuelle Neigung von Eltern nicht entscheidend dafür ist, ob ein Kind ein geborgenes Zuhause finden kann oder nicht.“.

Niki Scherak, Menschenrechtssprecher der NEOS, fordert – wie auch die Grünen – die Öffnung der Zivilehe auch für schwule und lesbische Paare. Die Abschaffung des Nachnamens zugunsten des in Österreich sonst üblichen Familiennamens ist für ihn ein Fortschritt. „Familie ist nämlich dort, wo Menschen für einander Verantwortung übernehmen“, so Scherak.

FPÖ-Familiensprecherin Anneliese Kitzmüller lehnt die Verpartnerung am Standesamt ebenso ab wie den Anspruch auf Karenz für schwule und lesbische Pflegeeltern.

Erste Ergebnisse schon in einer Woche?

Erste Ergebnisse dieser Debatte soll es schon in etwas mehr als einer Woche geben: Denn Karmasin will ihre Vorschläge bei einem Runden Tisch gemeinsam mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Justizminister Wolfgang Brandstetter, beide von der ÖVP, und Vertretern der Lesben- und Schwulenorganisationen diskutieren.

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