Donnerstag, 28. März 2024
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Hepatitis C in 12 Wochen heilbar – aber die Kasse zahlt nicht

Fast 100.000 Euro pro Patient: Für Experten eine "ethische Katastrophe"

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Mit einem neuen Medikament kann innerhalb weniger Wochen eine Hepatitis-C-Infektion geheilt werden – bei fast allen Patienten. „Erstmals in der Geschichte der Medizin ist es gelungen, eine chronische Viruserkrankung auszuheilen, und das nur in zwölf Wochen, mit einer nebenwirkungsfreien Tablettentherapie“, freut sich deshalb der Wiener Leberfacharzt Peter Ferenci.

Doch es gibt ein Problem: Die Behandlung mit diesen Medikamenten kostet durchschnittlich 84.000 Euro pro Patient – die österreichischen Krankenkassen zahlen deshalb nur in Ausnahmefällen. Erst wenn es schwere Leberschäden durch die Hepatitis-C-Infektion gibt, genehmigt die Krankenkasse die zwölfwöchige Therapie mit den auch in Österreich bereits zugelassenen Substanzen Sofosbuvir und Simeprevir.

Hohe Erfolgsrate, fast keine Nebenwirkungen

Die Tabletten wirken bei 94 bis 99,1 Prozent der Patienten, Nebenwirkungen konnten fast keine beobachtet werden. Im Gegensatz dazu dauert die derzeit übliche Therapie 24 bis 72 Wochen, besteht aus Injektionen mit Peg-Interferon alpha und Ribavirin, wirkt nur in der Hälfte der Fälle und hat für den Patienten teils starke Nebenwirkungen.

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Wegen der hohen Kosten übernehmen die Krankenkassen nur in fünf europäischen Staaten die Kosten für die neue Therapie. Österreich gehört zwar dazu – die Kasse zahlt aber erst, wenn im Rahmen einer chronischen Hepatitis deutliche bis schwere Leberschäden aufgetreten sind oder die alte Behandlung mit Interferon und Ribavirin nicht vertragen wird. Das betrifft derzeit rund 100 Patienten – in Österreich allein hätten aber mindestens 40.000 Menschen einen Bedarf an den Medikamenten. Doch damit werden in Österreich die Patienten noch privilegiert behandelt: In Deutschland, Frankreich, England und der Schweiz wird die neue Wirkstoffkombination meist erst nach einer Lebertransplantation genehmigt.

Für Experten eine „ethische Katastrophe“

Für Ferenci ist das ein unhaltbarer Zustand: „Ich finde es persönlich eine ethische Katastrophe, wenn ich einem Patienten mit einer neu diagnostizierten Hepatitis C vor mir sitzen habe und sagen muss: ‚Du musst erst noch zehn Jahre warten, bis ich dir die Therapie geben kann.‘“ Die Hälfte seiner Zeit verbringe Ferenci schon jetzt damit, „den Patienten zu erklären, warum ich ihnen die neuen Medikamente nicht verschreiben kann“.

„Auf der ganzen Welt regt sich Widerstand gegen diese Preisgestaltung“, so Ferenci weiter. Denn die Produktionskosten „liegen bei nur wenigen hundert Euro.“ In Frankreich hat deshalb Gesundheitsministerin Marisol Touraine die Initiative ergriffen. Gemeinsam mit 13 anderen europäischen Staaten will die die Pharmaindustrie dazu bringen, die Preise für die Medikamente zu senken. Es ist ein Kampf, der Vorbildcharakter für viele Behandlungen hat: Denn er entscheidet darüber, wie Pharmakonzerne künftig ihre Preise bestimmen – und damit, wer sich die moderne Medizin leisten kann.

Hersteller weist Kritik zurück

Die Pharmafirma Gilead, die den Wirkstoff Sofosbuvir produziert, kann die Aufregung nicht verstehen. Der Preis – rund 17.000 Euro pro Monat und Patient, dazu kommen noch 10.000 Euro für den zweiten Wirkstoff – würde „den Wert des Medikaments“ widerspiegeln. Durch die kurze Behandlungsdauer und die hohe Heilungsrate könnten Folgekosten vermieden werden, so Gilead weiter.

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