Freitag, 19. April 2024
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In Belgrad konnte gestern die Lesben- und Schwulenparade ohne größere Zwischenfälle stattfinden. 6.000 Polizisten mit Wasserwerfern und gepanzerten Fahrzeugen schützten die etwa 1.500 Teilnehmer vor rechten und klerikalen Gegendemonstranten. Die Route ging wenige hundert Meter vom Regierungssitz über das Parlament zum Rathaus.

Fünf Polizisten für einen Teilnehmer

Ein griechischer Teilnehmer an der Belgrade Pride bemerkte, dass er noch nie ein so hohes Sicherheitsaufgebot bei einer Lesben- und Schwulenparade gesehen habe. „Vielleicht ändert sich dieses Verhältnis im nächsten Jahr“, hofft Michael Kirby, US-Botschafter in Serbien, der auch an der Parade teilnahm. „Es wird seine Zeit brauchen, aber hoffentlich wird das in Zukunft normal sein.“ Auch andere Botschafter, wie der deutsche Vertreter Heinz Wilhelm, nahmen an der Belgrade Pride teil.

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Die serbische Politik marschierte ebenfalls mit Lesben, Schwulen und Transgendern mit. Einige Minister und Siniša Mali, der Bürgermeister von Belgrad, nahmen an der Belgrade Pride teil. Ministerpräsident Aleksandar Vučić konnte nach dem Umzug aufatmen: „Wir haben damit gezeigt, dass wir ein Rechtsstaat sind“, so der Regierungschef, der – offiziell aus Zeitgründen – nicht selbst an der Demonstration teilnahm. Die Behörden hätten Kritiker im Ausland widerlegt, die behaupteten, Serbien sei „zurückgeblieben und primitiv“.

Gegendemonstranten verlieren an Einfluss

Dabei gibt es in Serbien maßgebliche Strömungen, die dieses Bild sorgfältig pflegen: Am Abend vor der Parade haben sich etwa 5.000 Gegendemonstranten am Belgrader Platz der Republik getroffen, um die Parade doch noch zu verhindern. Darunter waren auch auch viele Priester. „Gott segnet nicht die Schwulenparade, aber diese Veranstaltung“, sagte einer von ihnen. Einer der Organisatoren meinte, die Gruppe würde sich vom Platz erst dann entfernen, wenn die Belgrade Pride abgesagt worden ist. Der russische Propaganda-Sender RT berichtete ausführlich von der Veranstaltung. Doch der Einfluß der Klerikalen ist in den letzten Jahren merklich geschrumpft.

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Und so zogen die Demonstranten mit Regenbogenflaggen durch die Innenstadt von Belgrad, um auf ihre Lage aufmerksam zu machen und auch in Serbien für ihre Rechte zu demonstrieren. Unterstützt wurde die serbische Community dabei nicht nur von Lesben, Schwulen und Transgendern aus anderen Staaten des ehemaligen Jugoslawien, sondern auch von Aktivisten aus Italien, Griechenland, Deutschland oder Kanada.

Die Palata Albanija, eine der Sehenswürdigkeiten der Stadt, erstrahlte sogar in Regenbogenfarben, um die Teilnehmer an der Belgrade Pride zu unterstützen. Viele teilnehmende Serben konnten ihr Glück nicht ganz fassen. Er sei glücklich, „frei“ durch „sein“ Belgrad laufen zu können, sagte ein 26-jähriger Teilnehmer, als die Parade vor dem Belgrader Rathaus endete.

Erste offizielle Parade seit 2010

Die gestern stattgefundene Belgrade Pride war die erste offizielle Lesben- und Schwulenparade in der serbischen Hauptstadt seit 2010. Damals endete der Marsch in einer Straßenschlacht, bei der 140 Menschen verletzt wurden, die meisten davon Polizisten. Seitdem wurde die Veranstaltung immer wieder aus Sicherheitsgründen in letzter Minute von den serbischen Behörden verboten.

Auch dieses Jahr gab es Gewaltdrohungen von Rechtsextremisten und Fußballrowdys. Die Parade wurde deshalb erst in letzter Minute endgültig genehmigt. Für die serbische Regierung geht es dabei um ihre Glaubwürdigkeit. Schließlich hat Brüssel die Verletzung von Menschenrechten bei Lesben und Schwulen bei dem EU-Beitrittskandidaten immer wieder kritisiert.

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Die Parade war der Höhepunkt einer „Pride Week“. Während dieses einwöchigen Festivals wurden Filme gezeigt, Parties gefeiert und Diskussionen über die Lage von Lesben und Schwulen in Serbien geführt.

Und die Situation der Community in Serbien scheint sich langsam zu bessern – auch abseits der Hauptstadt Belgrad. „Jedes Jahr gibt es weniger negative Reaktionen“, so Ivan Đurić, einer der Organisatoren. „Die Leute sehen, dass Lesben- und Schwulenclubs freundlicher sind – dass das die Orte sind, wo es keine Prügeleien gibt und man Spaß haben kann.“

Bruder des Ministerpräsidenten von Polizisten verprügelt

Außerhalb der Sicherheitszone hat die Polizei etwa 50 Menschen festgenommen. Darunter waren auch zwei Männer, die Polizisten mit einer Waffe bedroht hatten, und mehrere Jugendliche, die Teilnehmer an der Belgrade Pride verprügeln wollten. Ein Fotograf der Zeitung „Blic“ wurde von einem Stein getroffen. Kurz nach der Parade gab es Meldungen, der unabhängige Sender B92 sei von bis zu 60 Hooligans mit Rauchbomben attackiert worden.

Der einzige schwere Zwischenfall, der von der Belgrade Pride gemeldet wurde, betraf den Bruder des serbischen Ministerpräsidenten Aleksandar Vučić. Er und seine Leibwächter wurden aus bisher noch nicht bekannten Gründen von Spezialpolizisten krankenhausreif geprügelt.

Andrej Vučić wurde dabei am Kopf verletzt, die Sicherheitskräfte hätten ebenfalls „ernsthafte Verletzungen“ davongetragen. Die Polizisten hätten sich für ihr Fehlverhalten entschuldigt. „Das ist ein schwerer Tag für mich und meine Familie“, so der Regierungschef.

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