Neben der römisch-katholischen Kirche bröselt derzeit eine zweite Bastion, die Lesben und Schwulen regelmäßig ihre Rechte abspricht: Die ÖVP-Frauen. Vorsitzende Dorothea Schittenhelm war bisher in vorderster Front, wenn es darum geht, eine Erweiterung der Anti-Diskriminierungsregeln, der Öffnung der Ehe oder der Adoption abzuwehren. Doch auch hier gibt es Bewegung.
Wie ausgewechselt scheint Schittenhelm in einigen Positionen, die sie in einem Interview mit der Tageszeitung „Der Standard“ gibt. So sagt sie über eine mögliche Öffnung der Stiefkind-Adoption: „Wir haben das Thema lange unter der Decke gehalten, wollten es nicht hochspielen. Das sind nur einige wenige Prozente, warum sollten wir uns damit auseinandersetzen? Aber ich glaube im Rahmen des Evolutionsprozesses müssen wir uns auch mit dieser Lebensrealität auseinandersetzen. Wir ÖVP-Frauen sind mitten in der Diskussion. Die Tendenz geht dahin: Ja, warum sollen gleichgeschlechtliche Paare nicht Kinder adoptieren dürfen?“
Dieser „Evolutionsprozess“, vom neuen Parteichef Reinhold Mitterlehner angestoßen, soll die ÖVP moderner und damit für breitere Schichten wählbarer machen. Erste Resultate werden in den nächsten Monaten erwartet.
Nicht thematisiert wurde vom „Standard“ übrigens die Ausweitung der Anti-Diskriminierungs-Gesetze in Österreich. Derzeit sind bestimmte Diskriminierungsmerkmale wie Alter, Religion, sexuelle Orientierung und Weltanschauung nur in der Arbeitswelt geschützt. Das „Levelling-up“ würde diese Merkmale auch in anderen Bereichen wie dem Zugang zu Gütern und Dienstleistungen schützen. VP-Frauenchefin Schittenhelm wehrte solche Forderungen stets ab. Erst im Mai lobte sie das mangelhafte Anti-Diskriminierungsgesetz. Das „Levelling up“ könnte auch zu Diskriminierungen von Wohnungsvermietern führen, weil diese dann etwa Homosexuellen oder alten Menschen keine Wohnung mehr verwehren könnten, so Schittenhelm damals.