Donnerstag, 25. April 2024
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Schwuler Schiedsrichter verklagt türkischen Fußballverband

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Mit seinem öffentlichen Outing als schwuler Mann hat der ehemalige türkische Fußball-Schiedsrichter Halil Dinçdağ alles verloren: Seinen Job als Radiomoderator, viele Freunde und die Anerkennung in der Gesellschaft. Jetzt kämpft er gegen den mächtigen türkischen Fußball-Verband (TFF). Auch, weil er gemerkt hat, dass er nicht alleine ist.

Zehn Jahre lang war Halil Dinçdağ Schiedsrichter in der türkischen Stadt Trabzon – und nie gab es Probleme. Doch dann musste der heute 38-Jährige im Jahr 2008 zum Militär. Einem Ort, in dem schwule Männer immer wieder misshandelt oder vergewaltigt werden. Ihm war klar: Er musste sich vor den Ärzten outen, um ausgemustert zu werden. Wochenlang wurde er in einem Militärkrankenhaus untersucht, nach drei Monaten wurde er mit einer „psychosexuellen Störung“ aus dem Militärdienst entlassen.

Das bekam auch der Fußball-Verband mit: Dinçdağ wurde entlassen – offiziell wegen „mangelnder Qualität“. Der Schiedsrichter legte Einspruch ein, ein Sportmagazin berichtete über den Fall – noch ohne Dinçdağs Namen zu nennen.

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Doch er wusste: Die türkischen Medien würden ihn finden – und ging in die Offensive. Im Fernsehen outete er sich, daraufhin verlor er auch seinen Hauptberuf als Radiomoderator. Einen neuen Job hat er bis heute nicht.

Dafür hat er eine neue Aufgabe: Nachdem er auch Morddrohungen bekommen hat, ist er von Trabzon nach Istanbul gezogen, die liberale Metropole. Seine Eltern, die vorher nicht wussten, dass er schwul ist, unterstützen Halil Dinçdağ. Bis vor fünf Jahren habe er auf seinen Schultern „ein riesiges Gebirge gehabt“, sagt er selbst. „Danach war ich leicht wie ein Vogel.“

Nun hat er den türkischen Fußball-Verband verklagt. Er verlangt Schmerzensgeld und Schadenersatz – und seine Wiedereinsetzung als Schiedsrichter. Am 27. November wird die Verhandlung fortgesetzt. „Ich denke, dass ich gewinne. Und dann wird es für alle leichter“, sagt der 38-Jährige entschlossen. „Dafür kämpfe ich bis zu meinem letzten Atemzug.“

Denn eines hat er mittlerweile gemerkt: Er mag der einzige Schiedsrichter sein, der mit seiner Homosexualität an die Öffentlichkeit gegangen ist – doch er ist nicht alleine. Denn Halil Dinçdağ hat mittlerweile viele Anrufe, Briefe und Mails bekommen. Von anderen schwulen türkischen Schiedsrichtern oder Sportlern, die von ihren Erfahrungen berichteten. Sie alle hoffen auf seine Hilfe. „Und da habe ich gemerkt: Das ist nicht mehr nur allein meine Sache.“

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