Donnerstag, 25. April 2024
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Keine Operation mehr: Polen beschließt neues Transgender-Gesetz

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In Polen hat das Parlament gestern ein umstrittenes Transgender-Gesetz beschlossen, das eine amtliche Anpassung des Geschlechts erheblich vereinfacht. Ob es Anfang 2016 wirklich in Kraft tritt, ist aber noch nicht sicher.

Initiiert wurde das Gesetz von Anna Grodzka, der ersten Transgender-Abgeordneten Polens. Dem neuen Gesetz zufolge kann eine volljährige und nicht verheiratete Person einen Antrag zur Feststellung des Geschlechts vorlegen. Dazu ist die Beurteilung von zwei Ärzten nötig, die sich auf Psychiatrie oder Sexualwissenschaft spezialisiert haben. Wenn diese die dauerhafte Existenz einer anderen Geschlechtsidentität als jene im Personenstandsregister bestätigen, ist der Weg zur amtlichen Geschlechtsanpassung frei. Über die Geschlechtsfeststellung entscheidet dann ein Gericht.

Verglichen mit den bisher gültigen Regeln zur Anpassung des juristischen Gesetzes ist das eine große Vereinfachung. Bisher mussten Transsexuelle in einem langwierigen Verfahren vor Gericht eine Klage gegen ihre Eltern wegen falscher Geschlechtsbestimmung nach der Geburt einreichen.

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Für die Novelle stimmten die meisten Abgeordneten der rechtsliberalen Regierungspartei Bürgerplattform (PO) und alle linken Parlamentarier. Die mitregierende Bauernpartei PSL war in der Frage gespalten. Gegen das Gesetz stimmten alle Rechtsfraktionen, allen voran die Oppositionspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS).

„Dieses Gesetz ist eine Verspottung des Staates“, ärgerte sich die konservative fraktionslose Abgeordnete Marzena Wrobel. Konservative Abgeordnete fürchten, das Gesetz biete eine Öffnung der Ehe für schwule und lesbische Paare durch die Hintertüre – denn der Antragsteller ist nicht verpflichtet, sein Körperaussehen den charakteristischen physischen Merkmalen des neu angenommenen Geschlechts anzupassen.

Das umstrittene Gesetz soll Anfang 2016 in Kraft treten, sofern es von dem neuen konservativen Präsidenten Andrzej Duda, der am 6. August vereidigt wird, unterzeichnet wird. Beobachtern zufolge ist das aber fraglich.

Erst letzte Woche hat das irische Parlament ein ähnliches Gesetz beschlossen, in dem die amtliche Anpassung des Geschlechts nicht mehr an eine entsprechende Operation gebunden war. Eine Anerkennung des gelebten Geschlechts ohne anpassende Operation ist in Europa derzeit nur in Dänemark, Malta oder Österreich möglich. Auch eine medizinische Diagnose ist hier nicht nötig, wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) im Jahr 2010 festgestellt hat.

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