Samstag, 20. April 2024
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Schwul im Irak: ‚Die IS wollte mich abholen – und mein Vater hätte mich ihr gegeben‘

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Die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) geht systematisch gegen schwule Männer vor, um diese publikumswirksam hinrichten zu können. Das geht aus den Erfahrungen eines jungen Irakers hervor, der vor den Terroristen in den Libanon flüchten konnte. Er hat der BBC seine Geschichte erzählt.

Dass er schwul sei, wusste Taim schon mit 13 oder 14, erzählt der heute 24-jährige Medizinstudent der BBC. So wie alle anderen Menschen in seiner Umgebung dachte er damals, das sei eine Krankheit – und startete noch während des Gymnasiums eine „Therapie“.

Seinen Freunden solle er erzählen, dass er eine „schwierige Phase“ durchmachte. Zu dieser Zeit hatte Taim auch einen Freund – ein Christ. So hatte auch er viele christliche Freunde, mit denen er viel Zeit verbrachte. Das war einem seiner muslimischen Freunde ein Dorn im Auge: Omar, der später zum IS ging, ermahnte ihn deshalb.

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Doch dann passierte ein großer Fehler: Ein gemeinsamer Freund sagte Omar, er solle mit seinem Kumpel nicht so streng sein – schließlich lasse er sich gerade wegen seiner Homosexualität behandeln. Damit wusste jeder, dass der Taim schwul ist.

Dieser Satz zerstörte sein Leben: Omar hat ihm daraufhin mit weiteren Freunden aufgelauert, ihn verprügelt und ihm die Haare abrasiert. Sie sagten ihm, dass sie ihn nur am Leben ließen, weil sein Vater ein religiöser Mann sei. Doch das war erst der Anfang seines Leidensweg. Als sie ihn ein zweites Mal verprügelten, konnte er danach kaum gehen und musste einen Monat von der Universität pausieren.

Als sich Omar schließlich dem IS anschloss, der inzwischen diese Gegend des Iraks kontrollierte, eskalierte die Situation. Kurz darauf tauchten IS-Kämpfer bei Taims Vater auf, um ihn abzuholen. Der Vater bat die Islamisten, ihm einen Tag Zeit zu geben, um die Vorwürfe zu prüfen. Danach sagte er seinem eigenen Sohn, dass er ihn selbst reinen Herzens beim IS abgeben würde, wenn er wirklich schwul sei. Nur das beherzte Eingreifen seiner Mutter rettete Taim das Leben – sie half ihm bei der Flucht, die ihn letztendlich in den Libanon führte.

Dort kümmert sich eine Hilfsorganisation um ihn. Auch kann er sein Studium fortsetzen. Aber in seiner Unterkunft fühle er sich wie in einem Gefängnis, sagte der Student der BBC. Auch seine Familie sei an diesen Vorfällen zerbrochen. Sein Onkel habe einen Eid geschworen, die Familienehre wiederherzustellen, erzählt Taim.

Zu seinen schwulen Freunden in der Heimat hat der 24-Jährige keinen Kontakt mehr. Er möchte sie nicht in Gefahr bringen. Einen seiner besten Freunde, ein 22-jähriger Medizinstudent, töteten die Terrormilizen bereits: Sie warfen ihn von einem Dach und steinigten ihn. Die Bilder verbreitete die IS-Propaganda im Internet. Taim, der nun in Sicherheit ist, gehen sie nicht mehr aus dem Kopf.

Denn auch, wenn das Leben für schwule Männer im Irak vorher nicht ungefährlich war – der IS geht systematisch gegen Homosexuelle vor. „Sie knöpfen sich einen nach dem anderen vor. Sie gehen die Kontakte auf Telefonen durch, die Kontakte in Facebook“, erzählt der Student der BBC. Die Morde nutzt der IS dann zur Propaganda – damit erhalte die Terrormiliz in westlichen Medien mehr Zustimmung und könne sich unter fanatischen Moslems mehr Zustimmung holen.

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