Freitag, 19. April 2024
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Ab morgen: Homo-Paare bei Adoption gleichgestellt

Urteil des Verfassungsgerichtshofs tritt in Kraft

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Ab morgen haben schwule und lesbische Paare in Österreich bei der Adoption die gleichen Rechte wie heterosexuelle Paare. Das heißt, sie können gemeinsam ein Kind adoptieren. Möglich wurde dies durch ein Urteil des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) – und das Nichtstun der Bundesregierung.

Denn am morgigen 1. Jänner endet die Phase, die der VfGH dem Gesetzgeber Zeit gegeben hat, das Adoptionsgesetz anzupassen. Sonst treten die Bestimmungen, die gleichgeschlechtlichen Paaren die Adoption verbieten, ohne Ersatz außer Kraft. Und genau das geschieht: Offenbar hat nicht einmal die ÖVP, auf deren Betreiben die Schikanen zuvor ins Gesetz geschrieben wurden, Interesse daran, diese Ungleichheit aufrecht zu erhalten.

Zwei Gerichte sorgten für Gleichstellung

Seit 2013 durften Lesben und Schwule, die in einer Beziehung sind, Kinder adoptieren – allerdings nur die leiblichen Kinder des Partners. Auch hier wurde von einem Gericht Politik gemacht: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat das vollständige Adoptionsverbot aufgehoben.

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Am 14. Jänner 2015 hat der VfGH die letzte Einschränkung, die homosexuelle Paare im Adoptionsrecht haben, aufgehoben. VfGH-Präsident Gerhart Holzinger begründete die Entscheidung damit, „dass es keine sachliche Rechtfertigung für eine ausschließlich nach der sexuellen Orientierung ausgerichtete differenzierende Regelung gibt“. Grundlage für die Entscheidung war Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), der das Recht auf ein unversehrtes Privat- und Familienleben unabhängig von der sexuellen Orientierung der Betroffenen regelt.

Überraschenderweise kein Einspruch von der ÖVP

Von Nachschärfungen oder einem neuen Gesetz hat Justizminister Wolfgang Brandstetter von der ÖVP abgesehen. Adoptionen seien ohnehin individuell zu prüfen und setzen eine pflegschaftsgerichtliche Genehmigung voraus.

Geklagt hatte ein lesbisches Paar aus dem Bezirk Braunau in Oberösterreich. Vertreten wurde es vom Wiener Rechtsanwalt und Präsidenten des Rechtskomitee Lambda (RKL), Helmut Graupner: „Wir haben jetzt in Österreich ein absolut liberales Adoptionsrecht“, freut er sich in den „Oberösterreichischen Nachrichten“. Denn theoretisch könnten auch Geschwister nun gemeinsam ein Kind adoptieren. Davon ist Graupner auch selbst ein wenig überrascht: „Ich hatte fest damit gerechnet, dass die ÖVP zumindest versuchen wird, es auf Paare zu beschränken“

Bis zu vier Jahre Wartezeit auf ein Adoptivkind

In Österreich warten Eltern in der Regel drei bis vier Jahre auf ein Adoptivkind, berichtet das ORF-Radio. Im Vordergrund steht für die zuständigen Jugendämter dabei immer das Wohl des Kindes.

Dem Justizministerium zufolge wurden im Jahr 2014 insgesamt 291 Minderjährige adoptiert. 2015 waren es bisher 220 Minderjährige, die adoptiert wurden. Hierbei sind alle Adoptionen eingerechnet, also solche von den leiblichen Kindern des Partners, von heterosexuellen Paaren und Einzelpersonen.

Eine Alternative dazu ist eine Pflegeelternschaft: Diese ist in fast allen Bundesländern auch für schwule und lesbische Paare möglich, die Stadt Wien sucht sogar aktiv gleichgechlechtliche Pflegeeltern.

Zweiter Schritt vor dem ersten – und eine Tür für die Ehe-Öffnung?

Mit dem morgigen Tag wird Österreich übrigens das einzige Land der Welt sein, in dem schwule und lesbische Paare zwar im Adoptionsrecht gleichgestellt sind, aber nicht heiraten dürfen. „Österreich hat den zweiten, dritten, vierten Schritt gemacht, ohne den ersten zuvor gemacht zu haben“, ärgert sich Graupner. Denn schwule und lesbische Paare „dürfen jetzt völlig gleichberechtigt Familien gründen, aber heiraten dürfen sie nicht – und da sollten wir auch endlich europäischen Standard erreichen“, so der Erstunterzeichner der parlamentarischen Bürgerinitiative „Ehe gleich“.

Doch mit der Öffnung des Adoptionsrechts haben die Verfassungsrichter auch die Türe zu einer Öffnung der Ehe aufgemacht: „Die Verfassungsrichter haben bisher argumentiert, dass die Ehe fest mit der Elternschaft verbunden sei. Diese Argumentation fällt nun weg“, ist Graupner überzeugt. Im Frühjahr will er sich deshalb mit vier neuen Fällen wieder an den VfGH wenden.

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