Donnerstag, 28. März 2024
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Kommt das Verbot der Ehe für Homo-Paare in die Schweizer Verfassung?

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Die Schweiz stimmt am Sonntag darüber ab, ob der Steuervorteil von unverheirateten Paaren gegenüber Ehepaaren und Eingetragenen Partnerschaften abgeschafft werden soll. Doch während die Initiative der Christdemokratischen Volkspartei (CVP) auf den ersten Blick vernünftig klingt, will sie über die Hintertüre die Ehe als Verbindung von Mann und Frau in der Schweizer Verfassung definieren.

Offizielles Ziel: Benachteiligung von Ehepaaren und Eingetragenen Partnern beseitigen

Mit ihrer Initiative, die den Namen „Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe“ trägt, will die CVP eine Steuerungerechtigkeit beseitigen. Denn auch in der Schweiz werden höhere Einkommen höher besteuert. Bei Ehepaaren und in Eingetragenen Partnerschaften werden die Einkommen zusammengezählt, bei unverheirateten Paaren nicht. Das bedeutet, dass Ehepaare in eine höhere Steuerklasse kommen können, die in der Schweiz umgangssprachlich als „Heiratsstrafe“ bezeichnet wird.

Außerdem gibt es Benachteiligungen bei den Sozialversicherungen: „Die Mehrheit der verheirateten Paare bekommt eine sogenannte Maximalrente, die heute tiefer ausfällt als jene von unverheirateten Paaren“, so die CVP. Das Bundesgericht hat die „Heiratsstrafe“ schon 1984 kritisiert, die Politik hat sich dieses Themas bis jetzt aber noch nicht angenommen.

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Homophobe Verfassungsänderung durch die Hintertüre

Doch das Ergebnis der Abstimmung am 28. Februar hat nicht nur Auswirkungen auf das Steuer- und Sozialsystem. Denn die CVP möchte die „Ehestrafe“ durch eine Änderung von Artikel 14, Absatz 2 der Bundesverfassung beenden. Nach dem Wunsch der Partei soll dieser Absatz künftig lauten: „Die Ehe ist die auf Dauer angelegte und gesetzlich geregelte Lebensgemeinschaft von Mann und Frau. Sie darf gegenüber andern Lebensformen nicht benachteiligt werden, namentlich nicht bei den Steuern und den Sozialversicherungen.“ Die Ehe könnte ohne eine Verfassungsänderung also nicht mehr für schwule und lesbische Paare geöffnet werden.

„Eine solch explizite Definition in der Bundesverfassung bewirkt ein dauerhaftes Eheverbot für alle homo- und bisexuellen Menschen sowie Transmenschen“, kommentiert das Bündnis „Gemeinsam Weiter“, das sich gegen die CVP-Initiative stellt, den Plan der Partei.

Initiatoren rudern nach heftiger Kritik zurück

Dementsprechend finden sich Lesben- und Schwulenverbände sowie der Verband der Regenbogenfamilien auf der Liste der Organisationen, die ein „Nein“ bei der Abstimmung empfehlen. Ein „Ja“ legt unter anderem die Schweizer Bischofskonferenz nahe.

Das bemerkte auch die CVP: Letzte Woche wollte die Partei ihre eigene Initiative nachbessern. Wie Filippo Lombardi, Fraktionschef der CVP, im Westschweizer Radio RTS bekanntgegeben hat, wird seine Partei am 4. März im Ständerat einen Gegenvorschlag zur besagten Volksinitiative einreichen: Um „endlich darüber diskutieren und abstimmen zu können, worum es tatsächlich geht“, sei die CVP bereit, den umstrittenen Satz der Initiative zu streichen – „ohne dabei das Hauptziel der Initiative aus den Augen zu verlieren“, präzisiert die Partei den Plan in einer Presseaussendung.

Ergebnis der Abstimmung ist offen

Wie die Schweizer am Sonntag über die Abschaffung der Heiratsstrafe und damit die Verankerung der heterosexuellen Ehe abstimmen werden, ist völlig offen. Anfang des Jahres hätten noch zwei Drittel der Abstimmungsberechtigten für die Initative gestimmt. Vor zwei Wochen war die Zustimmung auf 53 Prozent geschrumpft, ermittelt eine Trendumfrage des Schweizer Rundfunks SRG. Allerdings wissen erst 63 Prozent der Befragten, die zur Abstimmung gehen wollen, wie sie stimmen werden.

Den Wählern ist übrigens klar, dass sie mit einem Ja zur Verfassungsänderung gleichgeschlechtliche Paare diskriminieren: Haben im Jänner noch 49 Prozent der Befragten diese Diskriminierung in der Abstimmungsfrage gesehen, sind es heute bereits 56 Prozent.

Die höchste Zustimmung zur Initiative gibt es mittlerweile unter den Wählern der rechtspopulistischen SVP: Hier befürworten 65 Prozent die Verfassungsänderungen. Bei den Wählern der CVP, die die Abstimmung über die Heiratsstrafe initiiert hat, liegt die Zustimmung nur bei 59 Prozent – 21 Prozentpunkte weniger als ein Monat zuvor.

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