Donnerstag, 28. März 2024
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Neuer Pädophilie-Skandal in französischer Kirche

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In Frankreich bahnt sich ein neuer Pädophilie-Skandal an: Wie religion.ORF.at berichtet, soll Philippe Barbarin, der Kardinal von Lyon und „Primas Galliens“, Fälle von Kindesmissbrauch durch Priester verheimlicht haben. Besonders pikant: Barbarin gehört in Frankreich zu den schärfsten Gegnern einer Gleichstellung von Homosexuellen. Nun fordert auch die Politik die Kirche zum Handeln auf.

Priester bleib über 20 Jahre unbehelligt

Ausgangspunkt der Affäre ist ein Priester, der zwischen 1986 und 1991 Pfadfinder sexuell missbraucht haben soll. Die Kirche soll davon gewusst haben, den Mann aber erst Ende August 2015 seines Amtes enthoben haben. Der Geistliche ist geständig, im Jänner wurde ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eröffnet.

Inzwischen wurden von der Staatsanwaltschaft auch gegen Verantwortliche der Diözese von Lyon Vorermittlungen wegen des Nichtmeldens von sexuellen Angriffen auf Minderjährige eingeleitet.

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Nun wurde ein zweiter Fall bekannt

Am Montag bekam der Skandal eine neue Dimension: Ein Priester, der nach wie vor in der Diözese tätig ist, soll sich Anfang der 1990er Jahre an einem damals 16-jährigen Burschen vergangen haben. Eine entsprechende Anklage gegen den Geistlichen wurde 2009 wegen Verjährung fallengelassen.

Auch von diesem Fall soll Kardinal Barbarin gewusst haben, aber jahrelang untätig geblieben sein, behauptet das Opfer in einem Interview mit der französischen Tageszeitung „Le Figaro“. Der heute 42-Jährige erinnert sich, dass Barabarin im persönlichen Gespräch genau über den Fall Bescheid gewusst hat.

Allerdings hat der Geistliche den Fall nicht an die zuständigen Strafbehörden weitergeleitet. Nicht einmal versetzt wurde der Priester. Nun wurde deshalb eine Voruntersuchung wegen „Nichtanzeige eines Verbrechens“ gegen den Erzbischof eingeleitet.

Erzbischof immer stärker unter Druck

Der Skandal war auch das bestimmende Thema am ersten Tag des Frühlingstreffens der französischen Bischofskonferenz im Wallfahrtsort Lourdes: George Pontier, Erzbischof von Marseille und Vorsitzender der Bischofskonferenz, forderte „die Wahrheit für die Opfer“.

Barbarin selbst hat alle Vorwürfe zurückgewiesen und einen Rücktritt ausgeschlossen. Der Kardinal bat die Öffentlichkeit, man möge die Untersuchungsbehörden „in Ruhe ihre Arbeit tun lassen“. Er versicherte, immer auf der Seite der Opfer gestanden zu haben.

Auch Premierminister Valls erwartet von der Kirche Taten

Mittlerweile hat sich auch die Politik eingeschaltet. Unter anderem verlangte Juliette Meadel, Staatssekretärin für Opferfragen, dass Barbarin auf sein Amt verzichtet: „Nicht in der Lage zu sein, um Verzeihung zu bitten, ist nicht sehr christlich“, so die sozialistische Politikerin gegenüber dem Sender „Radio Classique-Paris“ am Donnerstag. Ein Rücktritt sei „das Mindeste“, was Barbarin noch tun könne, statt sich „hinter juristischen Spitzfindigkeiten zu verstecken“, sagte Meadel.

Der sozialistische Premierminister Manuel Valls rief Barbarin bereits am Dienstag auf, „seiner Verantwortung gerecht zu werden“: „Ich erwarte nicht nur Worte, sondern auch Taten“, machte der Politiker im Gespräch mit dem Sender RMC klar: „Ein Mann der Kirche, ein Kardinal, Primas von Frankreich, der einen moralischen und intellektuellen Einfluss hat und eine hohe Verantwortung in unserer Gesellschaft trägt, muss den Schmerz (der Opfer, Anm.) verstehen“, so Valls.

Doch nicht nur die Sozialisten kritisieren das Verhalten des Erzbischofs. Über Twitter meinte die Ehrenvorsitzende der französischen Christdemokraten, Christine Boutin, es sei „nicht sehr christlich“, sich so exponiert zu äußern, „ohne Kenntnis der Akten zu haben“.

Außerhalb der Kirche hat Barbarin kein Verständnis für Homosexuelle

Gegenüber anderen Bevölkerungsgruppen ist Kardinal Philippe Barbarin übrigens bei weitem nicht so tolerant: So hat er bei der Debatte um die Öffnung der Ehe davor gewarnt, dass die Öffnung der Ehe für Lesben und Schwule zur Anerkennung von Inzest und Vielweiberei und einem „Zusammenbruch der Gesellschaft“ führen könne.

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