Freitag, 29. März 2024
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Reporter outet Olympia-Sportler gegen ihren Willen

"The Daily Beast" empört die Community mit einem Artikel über ungeoutete Olympia-Sportler in Rio auf Grindr

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Eine besonders dämliche Idee hatte der „Daily Beast“-Redakteur Nico Hines bei den Olympischen Spielen in Rio. Der heterosexuelle Journalist hat sich für den Artikel „The Other Olympic Sport In Rio: Swiping“ (Die andere olympische Sportart: Wischen) die schwule Dating-App Grindr heruntergeladen, mit schwulen Athleten gechattet, innerhalb einer Stunde drei Dates ausgemacht und darüber geschrieben – und zwar so, dass auch jene Sportler, die nicht als schwul geoutet waren, einfach zu identifizieren waren.

Denn auch, wenn Hines in seinem Artikel keine Namen genannt hat: Mit Daten wie Größe, Alter, Gewicht, Sportart und Nationalität ist es leicht, auch einen Namen dazu zu finden. In mindestens einem Fall betrifft das einen Athleten aus einem Land, in dem Lesben und Schwule offen diskriminiert werden.

Reporter: „Ich habe nicht gelogen“ – außer, dass er als Hetero auf Grindr war

Hines selbst findet sein Verhalten in Ordnung: „Ich habe niemanden angelogen oder so getan, als ob ich jemand wäre, der ich nicht bin – außer, man zählt natürlich, dass ich auf Grindr war, nachdem ich heterosexuell bin, mit einer Frau und einem Kind“.

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Doch hier fängt das Problem schon an: „Natürlich ist es die erste Lüge, wenn er auf Grindr war. Grindr ist eine App für Männer, die andere Männer daten wollen“, schreibt LGBT-Redakteur Mark Joseph Stern in einem Artikel für das Online-Magazin „Slate“.

Deutliche Kritik von LGBT-Journalisten und Sportlern

„Die ganze Geschichte war schlecht durchdacht von einem Hetero-Typen, der wirklich keine Idee hat, was es bedeutet, schwul und ungeoutet zu sein. Ich würde gerne Athleten outen, aber ich würde es nie tun oder öffentlich Merkmale teilen, welche die Liste auf ein oder zwei Dutzend Leute einschränkt“, ärgert sich auch „Outsports“-Herausgaber Cyd Zeigler in einem Artikel.

@NicoHines You fucking disgust me. Do you realize how many people's lives you just ruined without any good reason but clickbait journalism?

— Amini Fonua (@AminiFonua) August 11, 2016

Noch deutlicher wird der offen schwule Schwimmer Amini Fonua aus Tonga, der „Daily Beast“-Redakteur Nico Hines offen auf Twitter kritisiert. „Du ekelst mich verdammt noch einmal an. Ist dir klar, wie viele Leben du gerade ohne guten Grund außer klickgeilem Journalismus ruiniert hast?“, schreibt er: „Es ist noch immer illegal in Tonga, homosexuell zu ein, und während ich stark genug bin, vor aller Welt ich selbst zu sein, sind das andere nicht. Respektiere das.“

@NicoHines Some of these people you just outed are my FRIENDS. With family and lives that are forever going to be affected by this

— Amini Fonua (@AminiFonua) August 11, 2016

„Einige dieser Leute, die du gerade geoutet hast, sind meine Freunde. Mit einer Familie und einem Leben, das für immer davon betroffen sein wird“, macht der Athlet seinem Ärger Luft. „Einer der Typen, die du gerade geoutet hast, ist erst 18 Jahre alt. Als ich 18 war, war ich noch lange nicht bereit, mich zu outen“, schreibt er weiter. Das Zwangsouting einiger Sportler durch Hines „wirft uns Lesben und Schwule im Sport zehn Schritte zurück“, glaubt er.

https://twitter.com/AminiFonua/status/763840966205775878

Prinzipiell gibt es eine einfache Regel: Über die sexuelle Orientierung oder Geschlechteridentität einer Person wird nur dann geschrieben, wenn diese Person selbst darüber spricht oder die Angaben bestätigt hat. Sämtliche seriösen Medien halten sich daran. Aus diesem Grund ist beispielsweise auch eine Sportlerin auch wieder von der GGG.at-Liste der LGBTI-Sportler bei Olympia gelöscht worden.

„Daily Beast“ löscht den Artikel nach anfänglichem Zögern

Genau daran hat sich Nico Hines nicht gehalten. Ein heterosexueller Reporter konnte offenbar nicht einschätzen, welche Folgen sein Artikel für die Männer, die er offen geoutet hat, haben kann. Auf der Suche nach der besten Geschichte ist ihm offenbar mehr als nur das Fingerspitzengefühl verloren gegangen.

Mittlerweile hat „Daily Beast“ den Artikel gelöscht und sich entschuldigt. Doch auch das war eher zäh: Zunächst hat die Webseite nur Erkennungsmerkmale der beschriebenen Athleten entfernt. „Unsere Reaktion zu Beginn war, dass es nicht notwendig war, den gesamten Artikel zu löschen. Wir lagen falsch. Es tut uns leid“, heißt es in einer Mitteilung der Redaktion.

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