Freitag, 19. April 2024
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Lebenslange Haft für „Grindr-Killer“ – und Vorwürfe an die Polizei

Mindestens ein Mord hätte verhindert werden können, wenn die Polizei sorgfältiger gearbeitet hätte

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In London wurde vor wenigen Minuten das Urteil gegen den „Grindr-Killer“ Stephen Port verkündet. Er muss wegen vierfachen Mordes für den Rest seines Lebens hinter Gitter. Er selbst hat sich bis zuletzt nicht schuldig bekannt.

Neben einer lebenslangen Strafe für den Mord an drei jungen Schwulen wurde er wegen sexueller Übergriffe ebenfalls zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Dafür, dass er seinen Opfern ohne ihr Wissen die Droge GHB gegeben hat, bekam er noch einmal zehn Jahre Gefängnis. Als das Urteil verkündet wurde, gab es im Gerichtssaal Applaus.

Gibt es noch mehr Opfer?

Doch mittlerweile befürchtet die Polizei, dass der 41-Jährige weit mehr junge Männer umgebracht haben könnte. Denn auch die London Metropolitan Police gibt mittlerweile zu, dass sie „Gelegenheiten verpasst haben, Port früher zu fassen“ und so vielleicht Menschenleben zu retten. Im Prozess wurde Stephen Port schuldig gesprochen, zwischen Juni 2014 und September 2015 vier junge Burschen umgebracht zu haben.

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Gefasst wurde er neun Monate, nachdem das britische Online-Portal PinkNews bereits nach dem Tod von Gabriel Kovari im Dezember 2014 von einem Serientäter ausging – und die Polizei bei einer Nachfrage den Fall herunterspielte. „Sie haben uns gesagt, es gebe keine Verbindung zwischen den zu diesem Zeitpunkt drei Morden“, erinnert sich PinkNews-Chef Benjamin Cohen im Gespräch mit CNN.

Mindestens ein Mord hätte verhindert werden können

Die Polizisten wären der Meinung gewesen, dass die Todesfälle nicht unter verdächtigen Umständen passierten. „Sie haben uns sogar nahegelegt, dass es eine schlechte Idee wäre, etwas darüber zu berichten, weil die Leute dann Angst bekommen könnten.“

Doch diese Ignoranz der Behörden hat wahrscheinlich dem 25-jährigen Jack Taylor das Leben gekostet. Die Leiche des Gabelstaplerfahrers wurde am 14. September 2015 auf einem Friedhof gefunden, keine 500 Meter von Stephen Ports Wohnung entfernt.

Doch es gab noch weitere Pannen der Polizei: Denn Stephen Port war bereits nach dem Tod von Anthony Walgate, dem ersten Opfer, im Visier der Ermittler: Er rief die Polizei und gab sich als Passant aus, der die Leiche des 23-Jährigen gefunden hatte. Die Beamten fanden heraus, dass Port mit dem Mann Sex hatte. Doch sie ermittelten nicht weiter. Port wurde nur wegen Behinderung der Justiz zu acht Monaten Haft verurteilt. Danach tötete er zumindest drei weitere Männer.

Ignorierte die Polizei die Fälle, weil es sich um schwule Männer handelte?

Der britische LGBT-Aktivist Peter Tatchell wirft der Polizei vor, die Zusammenhänge zwischen den Todesfällen ignoriert zu haben, weil es sich um schwule Männer gehandelt habe: „Wenn vier junge Frauen aus der Mittelschicht in Mayfair ermordet worden wären, hätte die Polizei viel früher eine öffentliche Warnung veröffentlicht und intensiver ermittelt“, ärgert er sich: „Die Ermordung von schlecht verdienenden schwulen Männern in Barkling, einem Viertel der Arbeiterklasse, wurde ganz anders behandelt. Die Polizisten müssen sich vorwerfen lassen, Vorurteile wegen der Klasse, dem Geschlecht und der Sexualität der Opfer gehabt zu haben.“

Nun hat die Independent Police Complaints Commission (IPCC) eine Untersuchung eingeleitet, die klären soll, warum die Metropolitan Police in diesem Fall so versagen konnte. Gegen sieben Polizisten wird ermittelt, zehn weitere wurden wegen Fehlverhaltens angezeigt.

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