Donnerstag, 28. März 2024
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Marokko: Mädchen müssen nicht für einen Kuss ins Gefängnis

Richter legte das Verfahren gegen die beiden Teenager nieder

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Jene beiden Mädchen, die sich in Marokko in der Öffentlichkeit geküsst hatten, werden nicht bestraft. Ein Gericht in Marrakesch hat sie am Freitag vom Vorwurf der Homosexualität freigesprochen, berichtet die LGBT-Organisation „All Out“.

Drei Jahre Haft für Umarmung und einen Kuss

Sanae und Hajar, 16 und 17 Jahre alt, wurden am 27. Oktober festgenommen, weil sie sich auf einem Hausdach umarmt und geküsst haben sollen. Nachbarn sollen den Kuss fotografiert und die beiden Mädchen angezeigt haben. Denn Homosexualität ist in Marokko illegal: Auf gleichgeschlechtliche Handlungen stehen nach Paragraph 489 des Strafrechts bis zu drei Jahre Haft.

Der Fall sorgte weltweit für Aufsehen. Menschenrechtsorganisationen sammelten bis jetzt 85.000 Unterschriften für eine Freilassung der beiden Frauen und übergaben diese dem marokkanischen Justizminister. Die „L’Union Féministe Libre“ organisierte eine Postkartenaktion, bei der die beiden Mädchen insgesamt 1.700 personalisierte Solidaritäts-Postkarten bekommen haben. Für ein konservatives Land wie Marokko sind das bemerkenswert hohe Zahlen.

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Menschenrechts-Aktivisten kritisieren Reaktion des Gerichts

„Sie waren fast eine Woche inhaftiert und im November freigelassen, kurz bevor der Prozess begonnen hatte – obwohl sie minderjährig sind“, ärgert sich Omar Arbib von der Marokkanischen Vereinigung für Menschenrechte (AMDH). Arbib zufolge dementieren die beiden Mädchen, lesbisch zu sein. Auch ihre Familien haben gesagt, nie ein „Zeichen von Homosexualität“ bei Sanae oder Hajar wahrgenommen zu haben.

Nun standen die beiden Mädchen vor Gericht. Es war das erste Mal, dass ein Fall von weiblicher Homosexualität in Marokko vor Gericht landete. Vertreten wurden sie unter anderem von Moulay Rachid El Ghorfi, einem Anwalt und Aktivisten der AMDH. Er hat bereits im Vorfeld klar gemacht, dass der Fall seiner Meinung nach jeder Grundlage entbehre, da es keine Beweise gebe. Der Richter hat die Klage gegen Sanae und Hajar schließlich fallengelassen.

Omar Arbib ist mit dieser Entscheidung nicht ganz glücklich. Er freut sich, dass die Mädchen freigekommen sind. Auf der anderen Seite kritisierte er das Gericht, das nicht „den Mut hatte zu sagen, dass die zwei Mädchen unschuldig sind“.

Gruppen fordern Ende des Homo-Verbots in Marokko

Für Mathias Wasik, den zuständigen Kampagnenmanager bei „All Out“, ist die Entscheidung des Gerichts ein „großer Sieg für LGBT-Rechte in Marokko“. Doch die Arbeit sei noch nicht zu Ende, gibt er zu bedenken: „Wir fordern die marokkanischen Behörden auf, alle wegen ihrer sexuellen Orientierung Gefangenen freizulassen und die antihomosexuelle Gesetzgebung abzuschaffen.“

Denn Lesben und Schwule sind in Marokko in einer schwierigen Situation. Erst im März wurden zwei schwule Männer von einem wütenden Mob nackt auf die Straße gezerrt. Und weil Homosexualität in dem nordafrikanischen Land illegal ist, bekamen sie Strafen, die gleich hoch waren wie jene ihrer Peiniger. Die AMDH fordert auch deshalb eine Abschaffung des Paragrafen. Dieser würde internationalen Abkommen und der 2011 verabschiedeten Verfassung widersprechen, so die Aktivisten.

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