Samstag, 20. April 2024
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Operationspflicht für den Geschlechtswechsel ist menschenrechtswidrig

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte stärkt die Rechte von Transsexuellen

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Die erzwungene Sterilisation für Transsexuelle zur Anerkennung ihres gelebten Geschlechts verstößt gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK). Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg bekannt gegeben. In Österreich oder Deutschland sind diese Operationen schon seit längerer Zeit nicht mehr vorgeschrieben.

Verpflichtende geschlechtsanpassende Operation verstößt gegen das Recht auf Privat- und Familienleben

Dass sich Transsexuelle mit einer geschlechtsanpassenden Operation unterziehen müssen, die sich unfruchtbar macht, verstoße gegen das in Artikel 8 der EMRK garantierte Recht auf Privat- und Familienleben. Die Richter fällten das Urteil mit sechs zu einer Stimme. Die Gegenstimme kam aus Liechtenstein. Das Urteil ist für die 47 Mitgliedsstaaten des Europarats nicht verbindlich.

Geklagt hatten drei Mann-zu-Frau-Transsexuelle aus Frankreich. Sie wollten auf ihren Geburtsurkunden das Geschlecht und den Vornamen ändern lassen, ohne sich zuvor einer solchen Operation unterzogen zu lassen. Doch sie scheiterten vor den französischen Behörden und Gerichten.

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Der Staat darf überprüfen ob eine Person transsexuell ist

Daraufhin klagten sie vor dem Menschenrechts-Gerichtshof in Straßburg. Dort bekamen sie recht: Sie dürfen nach Ansicht des EGMR nicht dazu gezwungen werden, ihre körperliche Integrität aufzugeben, um ihr Recht auf Privatleben als Frau durchzusetzen. Allerdings haben Staaten das Recht, vor einer amtlichen Änderung des Geschlechts zu prüfen, ob die betreffende Person wirklich transsexuell ist.

Das betrifft zwei der Klägerinnen: Eine hatte in Thailand eine geschlechtsanpassende Operation machen lassen, sich aber in Frankreich geweigert, sich untersuchen zu lassen. Und eine zweite Klägerin konnte keine Unterlagen vorlegen, die eine weibliche Geschlechtsidentität wirklich belegen. In solchen Fällen gestehen die Richter den einzelnen Staaten und ihren Behörden durchaus einen Handlungsspielraum zu.

Erkenntnis des Gerichts betrifft viele europäische Länder

Für Frankreich selbst spielt die Entscheidung keine Rolle mehr. Die Nationalversammlung in Paris hatte das Gesetz, gegen das die drei Trans-Frauen geklagt hatten, vor etwa einem Jahr abgeschafft. In einigen anderen Mitgliedsländern des Europarates ist die geschlechtsanpassende Operation allerdings noch eine Voraussetzung für eine amtliche Änderung. Dazu gehören unter anderem Russland, die Türkei, Griechenland, Finnland, Belgien und die Schweiz.

In Österreich stellte der Verwaltungsgerichtshof im Jahr 2009 klar, dass eine geschlechtsanpassende Operation nicht als Voraussetzung für die Änderung des Personenstands verlangt werden darf. Damit war Österreich eines der ersten Länder in Europa, das diese liberalen Kriterien anwandte. In Deutschland hat das Bundesverfassungsgericht 2011 eine entsprechende Bestimmung des aus dem Jahr 1981 stammenden Transsexuellengesetzes als verfassungswidrig aufgehoben. Eine neue gesetzliche Regelung hat die deutsche Bundesregierung noch nicht gefällt.

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