Freitag, 19. April 2024
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Schwulenverfolgung in Tschetschenien: „Keine Beweise“ für Moskau

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Im Fall der Verfolgung und Verschleppung schwuler Männer in der zu Russland gehörenden Kaukasusrepublik Tschetschenien setzt Russland auf demonstrative Beschwichtigung. Nachdem der französische Präsident Emmanuel Macron bei einem Staatsbesuch seines russischen Amtskollegen Wladimir Putin die Lage von LGBT in Russland thematisiert hat, versucht der Kreml, die Wogen zu glätten.

Außenminister kennt „keinen konkreten Fakt“ zu den Verfolgungen

So betonte der russische Außenminister Sergei Lawrow auf einer Pressekonferenz, er habe bislang „keinen einzigen konkreten Fakt“ zu den „Anschuldigungen der Verletzung von Rechten von LGBT in Tschetschenien oder anderen Ecken der russischen Föderation“ gesehen.

In die gleiche Kerbe schlug die russische Menschenrechtsbeauftragte Tatjana Moskalkowa. Sie erklärte der staatlichen Nachrichtenagentur Interfax, trotz ihrer Zusicherung eines Schutzes durch den Staat habe sich noch kein Betroffener direkt an sie gewandt.

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Wie sinnvoll sind die Ermittlungen der Menschenrechtsbeauftragten?

Doch in Menschenrechtsfragen gilt Moskalkowa als nicht besonders glaubwürdig: Denn vor ihrer Bestellung war sie unter anderem im Rechtsdienst des Innenministeriums der UdSSR tätig, seit 1992 der Russischen Föderation. Dort erwarb sie zuletzt den Rang eines Generalmajors der Polizei. Zusätzlich war sie Abgeordnete der Putin-Partei „Gerechtes Russland“. Menschenrechte würden „von westlichen und amerikanischen Strukturen aktiv als Waffe für Erpressung, Spekulation, Drohungen benutzt“, so Moskalkowa nach ihrer Bestellung. Ihre Aufgabe sei es, dem etwas entgegenzuhalten.

Die beiden Politiker sollten vielleicht mit Igor Sobol von der föderalen Staatsanwaltaschaft reden – ihm haben die Journalistinnen der unabhängigen Zeitung „Novaya Gazeta“ das Ergebnis ihrer Recherchen übergeben. Die Zeitung hatte Anfang April zum ersten Mal darüber berichtet, dass in Tschetschenien schwule Männer offenbar gezielt verschleppt und gefoltert werden. Danach sollen sie an ihre Familien übergeben worden sein, damit diese sie töten.

Menschenrechtsorganisation veröffentlicht Bericht mit Details zur Verfolgung schwuler Männer in Tschetschenien

Nähere Informationen würde Lawrow und Moskalkowa auch die Recherche der internationalen Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ (HRW) bringen. Sie hat in der vergangenen Woche eine 42-seitige Recherche über die Verfolgung schwuler Männer in Tschetschenien vorgelegt.

Unter Verweis auf Augenzeugen hat HRW unter anderem Magomed Daudow, dem Sprecher des tschetschenischen Präsidenten, vorgeworfen, bei den Folterungen schwuler Männer anwesend gewesen zu sein. Er soll diese auch angeordnet oder zumindest die Zustimmung der tschetschenischen Führung eingeholt zu haben.

Wie das LGBT-Network, das geflüchteten Tschetschenen hilft, berichtet, scheint die Verschleppung der schwulen Männer aufgrund der großen internationalen Aufmerksamkeit und den Ermittlungen der föderalen Staatsanwaltschaft zumindest vorübergehend ausgesetzt zu sein.

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