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Irland bekommt einen offen schwulen Premierminister

Spannende Auszählung bei der Wahl zum neuen Vorsitzenden der Regierungspartei

Die Republik Irland bekommt aller Wahrscheinlichkeit nach einen schwulen Premierminister: Die konservative Fine-Gael-Partei hat in einer Urwahl Sozialminister Leo Varadkar zum neuen Parteivorsitzenden gewählt. Der bisherige Parteivorsitzende der Fine-Gael-Partei und Premierminister, Enda Kenny, hat die Ämter aus Altersgründen zur Verfügung gestellt. Gegenkandidat für den Parteivorsitz war Bauminister Simon Coveney.

Leo Varadkar hat einen starken Rückhalt in der Parlamentsfraktion

Diese Wahl folgte einem komplizierten Verfahren: Die Stimmen der gut 10.000 einfachen Parteimitglieder zählten 25 Prozent, die der regionalen Funktionäre zehn Prozent. Die Stimmen der 73 Senatoren und Abgeordneten des Dáil Éireann, der ersten Kammer des Parlaments, zählten bei der Wahl des neuen Parteichefs 65 Prozent.

Die Stimmen der einfachen Parteimitglieder wurden zuerst ausgezählt. Sie haben sich zu 65 Prozent für Simon Coveney entschieden. Bei den lokalen Abgeordneten führte Varadkar mit 123 zu 100 Stimmen. Bei der Parlamentsfraktion haben 73 Abgeordnete für ihn gestimmt, 51 für seinen Gegenkandidaten. Aufgrund der unterschiedlichen Gewichtung der Stimmen reicht das für den Parteivorsitz.

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Dass ihn das Parlament zum Premier wählt, ist wahrscheinlich – aber nicht sicher

Nun wird er sich dem Parlament der Wahl zum Premierminister, dem Taoiseach, stellen. Dafür braucht er auch Stimmen der unabhängigen Mandatare. Denn die Fine-Gael-Partei regiert derzeit in einem Minderheitenkabinett. Er wäre dann nach dem Luxemburger Premierminister Xavier Bettel der zweite offen schwule Regierungschef der Welt.

Varadkar ist auch ein gutes Beispiel dafür, wie sich die Lage von Lesben und Schwulen in Irland geändert hat: Bis 1993 stand Homosexualität noch unter Strafe, 2015 wurde die Ehe durch eine Volksabstimmung geöffnet – und nun bekommt das Land einen schwulen Regierungschef. Als Sohn eines indischen Vaters und einer irischen Mutter ist er auch der erste Premier mit asiatischen Wurzeln – und der jüngste Regierungschef der grünen Insel.

Öffentliches Outing vor zwei Jahren bei einem Radio-Liveinterview

Der 38-jährige Arzt ist das erste offen homosexuelle Regierungsmitglied Irlands. Er hatte sich vor zwei Jahren in einem Radiointerview als schwul geoutet, mitten in der Debatte um die Öffnung der Ehe in Irland. Schon damals sagte Varadkar, damals noch Gesundheitsminister, dass Irland seiner Meinung nach auch reif für einen homosexuellen Premierminister sei.

Privat ist Leo Varadkar in einer Beziehung mit Matt Barrett. Dem irischen „Independent“ gegenüber sagte er, dass dieser nicht die Rolle eines „First Gentleman“ übernehmen werde. „Zunächst einmal sind wir nicht verheiratet. Wir gehen erst seit zwei Jahren miteinander aus“, erklärt der 38-Jährige. Auch wolle er seinen Partner nicht zu offiziellen Anlässen mitbringen: „Er hat tagsüber einen Job“, erklärt Varadkar. Sein Vorbild ist dabei die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel: „Sie ist seit fast 15 Jahren Kanzlerin, sie hat einen Ehemann, aber er hat einen Job, Er hat sie nur einmal begleitet, weil er seine eigene Karriere hat.“

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