Freitag, 19. April 2024
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Gewalt gegen sexuelle Minderheiten in Berlin steigt weiter an

Die aktuelle Statistik der Beratungsstelle ReachOut zeigt eine beängstigende Tendenz

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Noch nie hat die Berliner Beratungsstelle ReachOut so viele Gewalttaten gegen sexuelle Minderheiten gezählt. Sie hat im Jahr 2016 insgesamt 70 Fälle gezählt, in denen Lesben, Schwule, Bisexuelle oder Transgender gewaltsam angegriffen oder massiv bedroht wurden. Das geht aus der soeben veröffentlichten Statistik der Beratungsstelle für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt hervor.

Beratungsstelle ReachOut registrierte eine Zunahme von 62 Prozent im letzten Jahr

Im Jahr zuvor registrierte ReachOut nur 43 Fälle von Gewalt gegen sexuelle Minderheiten. Das entspricht einer Zunahme von 62 Prozent. Und es ist auch ein Allzeit-Hoch: Zwischen 2008 und 2014 hat die Berliner Beratungsstelle pro Jahr zwischen 9 und 44 Angriffe aufgrund der sexuellen Orientierung gezählt.

Die Tendenz entspricht auch dem Ergebnis der offiziellen Polizeistatistik für Berlin. Diese liegt zwar derzeit erst für 2015 vor, doch auch vor zwei Jahren gab es bereits einen massiven Anstieg von Gewalt gegen sexuelle Minderheiten. So wurden im Bereich „sexuelle Orientierung“ 105 Fälle angezeigt.

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Auch Anti-Gewalt-Projekt Maneo verzeichnet ein Ansteigen der Fälle

Das sind um 25 mehr als im Jahr zuvor, was einem Anstieg von mehr als einem Drittel entspricht. Das Anti-Gewalt-Projekt Maneo zählte im gleichen Zeitraum sogar 259 Fälle mit homo- oder transphobem Hintergrund, zählt aber auch strafrechtlich nicht relevante Beschimpfungen.

Die meisten Angriffe geschehen ReachOut zufolge in der Nacht, vor allem in den Bezirken Kreuzberg, Neukölln, Mitte und Tiergarten. Pro Bezirk zählte die Beratungsstelle hier zwischen 10 und 12 Gewalttaten. Sechs Angriffe gab es im Bezirk Schöneberg, der als Zentrum der schwulen Szene in Berlin bekannt ist.

Angriffe gegen andere Minderheiten nehmen in Berlin ebenfalls zu

Auch Angriffe gegen andere Minderheiten nehmen in Berlin offenbar zu: So hat ReachOut im letzten Jahr insgesamt 380 Angriffe gezählt. Das entspricht einem Plus von fast 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die meisten Gewalttaten und massiven Bedrohungen haben einen rassistischen Hintergrund. 41 der gezählten Angriffe geschahen rund um Flüchtlingsunterkünfte.

„Wir müssen der Realität ins Auge blicken, dass wir auch im liberalen Berlin rechter Gewalt entschlossen entgegen treten müssen“, reagierte Justizsenator Dirk Behrendt von den Grünen auf die Statistik. Er sagte, die Zahlen würden „deutliche Reaktionen von Polizei und Justiz für die Täter und unser aller Solidarität für die Opfer“ verlangen, ohne dabei konkret zu werden.

ReachOut zählt jedes Jahr die gewalttätigen Angriffe

Das Projekt ReachOut wird unter anderem vom Berliner Landesprogramm gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus gefördert. Es veröffentlicht seit 2003 eine jährliche Statistik der recherchierten Angriffe. Nicht gezählt werden dabei Propagandadelikte, Beleidigungen und Sachbeschädigungen, bei denen keine Personen zu Schaden kommen.

Differenzen zu den Angaben der Behörden ergeben sich laut ReachOut unter anderem durch unterschiedliche Einschätzungen der Tathintergründe. Außerdem erfährt das Projekt auch von Fällen, die bei der Polizei nicht angezeigt werden.

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