Freitag, 26. April 2024
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Schwere Vorwürfe im Umgang des BAMF mit LGBT-Flüchtlingen

Intime Fragen und abgelehnte Asylanträge trotz Lebensgefahr

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Kritik am Umgang des deutschen Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit LGBT-Flüchtlingen kommt vom deutschen Lesben- und Schwulenverband (LSVD). Das berichtet die „Süddeutsche Zeitung“. So habe das Amt unangemessene Fragen gestellt oder Ablehnungen menschenrechtswidrig begründet. Bei Lesben aus Afrika, die in ihrer Heimat zwangsverheiratet wurden und Kinder hatten, wurde ihre sexuelle Orientierung deshalb offenbar in Frage gestellt.

„Wie oft hatten sie Sex und wie hat er ihnen gefallen?“

„Wie oft hatten sie mit ihrem Freund Geschlechtsverkehr“ oder „Wie haben sie den Verkehr empfunden“ – das waren nur zwei Fragen des zuständigen BAMF-Mitarbeiters, die ein Asylwerber aus Pakistan im November 2016 beantworten sollte, als es darum ging, ob er Schutz in Deutschland erhält.

Solche Fälle sibd kein Einzelfall: Das Bundesamt habe beim Umgang mit Asylgesuchen von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendern ein „strukturelles Problem“, meint Markus Ulrich vom LSVD. Zu diesem Schluss kommt auch Volker Beck, Bundestagsabgeordneter der Grünen. Er hat ein ganzes Dossier mit fragwürdigen Entscheidungen des BAMF zusammengestellt. Sein Schluss: Es gebe in dem Amt eine systematische „Missachtung asylrechtlicher Vorgaben“.

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Verprügelt und verhaftet: Zuwenig für Asyl in Deutschland

Das zeigt sich beispielsweise im Fall eines schwulen Mannes aus Kenia: Er wurde in seiner Heimat von einem Mob verprügelt, nachdem sie sahen, dass er einen Mann küsste. Anschließend wurde er verhaftet – nach drei Tagen kam er gegen die Zahlung von Schmiergeld frei. Doch das reicht dem BAMF offenbar nicht. Im Mai 2016 bekam er einen negativen Asylbescheid.

Zwar ist dem Bundesamt bekannt, dass in Kenia auf homosexuelle Handlungen bis zu 14 Jahre Gefängnis drohten und „auf die sexuelle Orientierung zielende Diskriminierung“ häufig sei  – für eine Anerkennung als Flüchtling reiche das aber nicht. Es gebe „keine Berichte über tatsächlich vollzogene Strafen“, die Inhaftierung von Lesben und Schwule geschehe „oft zum Schutz vor einem wütenden Mob“.

Außerdem würde es viele Lesben und Schwule in dem Land geben, es gebe sogar eine eigene Menschenrechtsorganisation. Deshalb sei „eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte (…) aus staatlicher Richtung nicht erkennbar“, urteilt das Amt.

Bei politisch oder religiös Verfulgten würde nie so argumentiert werden

Markus Ulrich vom LSVD schüttelt bei dieser Argumentation den Kopf. Er kritisiert, dass bei politisch oder religiös Verfolgten nie so argumentiert werden würde. Doch solche Begründungen sind auch rechtlich zumindest bedenklich: Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zufolge ist es seit 2013 rechtswidrig, von homosexuellen Asylwerbern zu verlangen, ihre sexuelle Orientierung in ihrer alten Heimat einfach nicht auszuleben.

Doch genau das macht das BAMF, erklärte Wanja Kilber von der Hilfsorganisation Quarteera im der Tagezeitung „Die Welt“: Das BAMF würde Anträge von homosexuellen Asylbewerbern oftmals mit der Begründung ablehnen, dass die Betroffenen in ihren Heimatländern zurückhaltender leben könnten, erklärte er.

Kein Asyl für zwangsverheiratete Lesben in München

Und es gibt noch weitere ähnlich gelagerte Fälle: In München hätten knapp 20 Lesben aus Uganda im Mai und Juni ablehnende Asylbescheide bekommen, berichtet sieht Sara Schmitter vom Münchner Beratungszentrum Letra der „Süddeutschen Zeitung“: Weil sie oft zwangsverheiratet und Mütter sind, glaube ihnen das BAMF nicht, dass sie lesbisch seien, vermutet die Aktivistin.

Unter den Flüchtlingen, die vom BAMF abgelehnt werden, sind viele Nordafrikaner, Menschen aus Uganda und Ghana, aus Afghanistan und dem Iran. Schwulen Flüchtlingen aus Syrien wird zwar wegen des Krieges subsidiärer Schutz gewährt – als Flüchtlinge anerkannt werden sie aber nicht. Sobald der Krieg in Syrien vorbei ist, droht ihnen also die Abschiebung.

Das BAMF weist die Vorwürfe zurück. Man habe „ausgebildete Sonderbeauftragte“ für geschlechtsspezifische Verfolgung, betont eine Sprecherin des Bundesamtes. Den Vorgaben zufolge dürfte es „keinen Verweis auf gefahrvermeidendes, diskretes Verhalten“ geben.

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