Freitag, 19. April 2024
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Front National: Schwuler Vizechef wirft das Handtuch

Zuvor war Florian Philippot von Parteichefin Marine Le Pen entmachtet worden

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Florian Philippot, der offen schwule Vizechef von  Frankreichs rechtspopulistischem Front National (FN), verlässt nach einem Führungsstreit die Partei. Das sagte er heute dem Fernsehsender France 2. Gestern hatte Parteichefin Marine Le Pen ihrem Stellvertreter wichtige Zuständigkeiten entzogen. Bis jetzt war er unter anderem für Strategie und Kommunikation zuständig.

Lange galt Philippot als enger Vertrauter von Le Pen. Er bleibe zwar stellvertretender Parteichef, habe nun aber keinen besonderen Aufgabenbereich in der Parteiführung mehr, so die Parteichefin gestern. Das war dem erst 35-Jährigen offenbar zu wenig: Er wolle nicht Vizevorsitzender „für nichts“ sein, so Philippot. Das sei „lächerlich“, also verlasse er „natürlich“ die Partei.

Neuer Höhepunkt im Machtkampf beim Front National

Damit gibt es einen neuen Höhepunkt im Machtkampf im FN: Philippot hatte im Juni, vor der Parlamentswahl, die Vereinigung „Les Patriotes“ gegründet. Eigenen Angaben zufolge handelte es sich um eine „Gesprächsplattform innerhalb der Partei“. Für Kritiker ist die Gruppe ein Machthebel bei internen Streitigkeiten beim Front National.

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Le Pen hatte am Dienstag Philippot deshalb öffentlich aufgefordert, den Vorsitz bei „Les Patriotes“ aufzugeben. Das hat der Politiker abgelehnt. Doch mit der Entmachtung reagiert Le Pen wohl auch auf parteiinterne Kritik, dass zu viele Schwule an den Hebeln der Rechtspopulisten sitzen.

Florian Philippot wurde gegen seinen Willen geoutet

Florian Philippot wurde im Dezember 2014 gegen seinen Willen als schwul geoutet: Fotos von einem Liebesurlaub, den er in Wien verbrachte, wurden im Klatschmagazin „Closer“ veröffentlicht. Der 35-Jährige klagte wegen Verletzung der Privatsphäre und bekam 20.000 Euro Schadenersatz.

Neben Philippot ist mit Steeve Briois noch ein hochrangiges Mitglied des Front National offen schwul. Der ehemalige Generalsekretär gilt ebenfalls als enger Vertrauter von Parteichefin Marine Le Pen und vertrat sie während des Präsidentschafts-Wahlkampfs von Ende April bis Mitte Mai 2017 als kommissarischer FN-Vorsitzender. Der 44-Jährige ist heute Bürgermeister der Stadt Hénin-Beaumont und Mitglied des Europäischen Parlaments.

Trotz Nein zur Ehe-Öffnung und Homophobie: Der Front National ist für einige schwule Männer attraktiv

Für enormen parteiinternen Widerstand sorgte im Dezember 2014 schließlich die Ankündigung von Marine Le Pen, Sébastien Chenu, Gründer der „GayLib“-Bewegung, als von der Partei bezahlten „kulturellen Berater“ für den Front National zu engagieren. Jede Menge verärgerter Anrufe der FN-Basis waren die Folge.

Immerhin hat die Partei die Demonstrationen gegen die Öffnung der Ehe unterstützt, immer wieder sind Funktionäre auch durch schwulenfeindliche Sprüche aufgefallen. Le Pen musste einen Rückzieher machen: Zwar werde Sébastien Chenu die Partei in kulturellen Belangen beraten, der Posten sei aber ehrenamtlich, hieß aus der Parteispitze.

Doch warum ziehen Marine Le Pen und der Front National so viele Homosexuelle an? Le Pen sei eine „Schwulenikone“, so Laurent Brice, Regionalsprecher des FN für den Norden des Landes. Und auch die Angst vor – mutmaßlich schwulenfeindlichen – Muslimen, die der Front National geschickt schürt, dürfte für einige Lesben und Schwule ein Grund sein, einer Bewegung zu vertrauen, die sie eigentlich selbst nicht haben will.

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