Donnerstag, 28. März 2024
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Deutschland: Höchstgericht für Anerkennung eines dritten Geschlechts

Intersexuelle Menschen müssen die Möglichkeit haben, ihre geschlechtliche Identität „positiv“ eintragen zu lassen

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In Deutschland hat das Bundesverfassungsgericht ein drittes Geschlecht für den Eintrag im Geburtenregister gefordert. Damit soll intersexuellen Menschen ermöglicht werden, ihre geschlechtliche Identität „positiv“ eintragen zu lassen, so die Richter in einem heute veröffentlichten Beschluss. Das Höchstgericht folgt damit einer Empfehlung des Europarats. In Österreich steht eine Entscheidung in einem ähnlichen Fall noch aus.

Persönlichkeitsrecht verlangt eine positive Bezeichnung des eigenen Geschlechts

Nun muss der Gesetzgeber bis Ende 2018 eine Neuregelung schaffen, in die als drittes Geschlecht neben „männlich“ und „weiblich“ noch beispielsweise „inter“, „divers“ oder eine andere „positive Bezeichnung des Geschlechts“, so das Gericht, aufgenommen wird. Die Richter begründen ihre Entscheidung mit dem durch das Grundgesetz geschützten Persönlichkeitsrecht.

Im Ausgangsfall hatte Vanja, ein intersexueller Mensch aus Leipzig, den Antrag gestellt, sein Geschlecht im Geburtenregister auf „inter“ oder „divers“ zu ändern. Er war als Mädchen eingetragen worden, ist einer vorgelegten Chromosomenanalyse zufolge aber weder Frau noch Mann. Zuvor scheiterte die Klage in sämtlichen Instanzen, zuletzt vor dem Bundesgerichtshof.

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In Deutschland könnten bis zu 160.000 intersexuelle Menschen betroffen sein

Intersexuelle Menschen können nicht eindeutig einem Geschlecht zugeordnet werden. Ihre Chromosomen, Hormone, Keimdrüsen und Genitalien weisen sowohl männliche als auch weibliche Elemente auf. Lange versuchten Ärzte, intersexuelle Kinder einem Geschlecht zuzuordnen – meist dem weiblichen, weil dies operativ leichter herzustellen schien. An den Folgen leiden viele Intersexuelle ein Leben lang.

Selbsthilfeverbände verurteilen diese Eingriffe heute als Verletzung der Menschenrechte. Seit November 2013 kann in Deutschland bei Kindern, deren Geschlecht nicht eindeutig ist, die Angabe im Geburtenregister offengelassen werden. Nach Angaben der Bundesregierung haben bis Jänner 2016 Eltern in etwa zwölf Fällen vorerst auf den Eintrag verzichtet, die Zahlen sind aber unzuverlässig. Insgesamt könnten in Deutschland zwischen 80.000 und 160.000 intersexuelle Menschen leben.

Auch in Österreich ist eine entsprechende Klage anhängig

Auch in Österreich ist diese Frage am Verfassungsgerichtshof anhängig. Eine entsprechende Klage vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich wurde 2016 negativ entschieden.

Im Jahr 2015 hat der Menschenrechtskommissar des Europarates in einem Bericht über die Lage intergeschlechtlicher Personen empfohlen, bei der Ausstellung von Personenstandsurkunden und Ausweisen die geschlechtliche Selbstbestimmung intergeschlechtlicher Menschen zu respektieren und ihnen zu ermöglichen, einen Geschlechtseintrag jenseits von „männlich“ oder „weiblich“ zu wählen.

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