Freitag, 29. März 2024
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„Kleine“-Chefredakteur zur Ehe-Öffnung: „Schadet uns allen“

In Österreichs größter Regionalzeitung wird die Entscheidung der Höchstrichter kritisiert

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Für Kopfschütteln sorgt derzeit ein Kommentar von Hubert Patterer, Chefredakteur der Kleinen Zeitung, zur Öffnung der Ehe. Er vertritt dort unter anderem die Meinung, diese schade „uns allen“.

Der offen schwule Ex-Politiker Gerald Grosz befürwortet die Ehe-Öffnung – Patterer antwortet ihm

Patterer verpackt seinen Kommentar in Form eines Briefes an Gerald Grosz, dem offen schwulen Ex-Obmann des Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ). Dieser hat in einem Leserbrief erklärt, warum die Öffnung der Ehe durch den Verfassungsgerichtshof die volle Unterstützung der Gesellschaft haben sollte: Niemand komme zu schaden, keine klassische Ehe werde dadurch geschieden – nur die Kirche und „verbissene Narren“ seien anderer Meinung, so Grosz.

Eine Ansicht, die Hubert Patterer offensichtlich nicht teilt. Auf einer dreiviertel Seite wiederholt er am Sonntag die alten, aber noch immer nicht richtigen Argumente der Gegner der Ehe-Öffnung und zeigt seine Unwissenheit über die Situation von sexuellen Minderheiten in Österreich.

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„Ächtung und Repression“ von Homosexuellen sei „überwunden“, aber „Ungleiches nicht gleichzusetzen, ist keine Diskriminierung“

Zwar gesteht der Chefredakteur der größten österreichischen Bundesländerzeitung zu: Es sei „bedrückend, was Homosexuellen an Ächtung und Repression entgegenschlug. Zum Glück ist all das überwunden“.

Und er erklärt weiter:„Wer sich zu seiner gleichgeschlechtlichen Beziehung bekennt, dem dürfen Würde und Respekt nicht verwehrt werden“. Dazu reiche aber die Eingetragene Partnerschaft. Denn: „Ungleiches nicht gleichzusetzen, ist keine Diskriminierung.“

Nur aus der Ehe könne neues Leben hervorgehen, wiederholt der Chefredakteur die konservative Agenda

Die Ehe sei, so Hubert Patterer zu seinen bis zu 850.000 täglichen Lesern, „nunmal die einzige Verbindung, aus der neues Leben hervorgehen kann. Dass die Richter (des Verfassungsgerichtshofs, Anm.) die Besonderheit unterschlagen, ist schleierhaft“. Der Staat müsse die Ehe privilegieren, wenn er „sich und seinen Fortbestand ernst“ nehme.

Die Kleine Zeitung ist die größte Bundesländerzeitung Österreichs. Sie wird vor allem in der Steiermark, in Kärnten und in Osttirol gelesen. Inhaber der Kleinen ist die Styria-Gruppe, die dem Katholischen Pressverein der Diözese Graz-Seckau gehört.

51 Prozent der Erstgeburten in Österreich unehelich: Twitter schüttelt über Patterer-Kommentar den Kopf

Auf Twitter sorgt dieser Kommentar für Unverständnis. Florian Klenk, Chefredakteur der Wiener Stadtzeitung Falter lässt den Satz „Die Ehe ist nunmal die einzige Verbindung aus der neues Leben hervorgehen kann“ für sich stehen, und ein anderer User fragt sich: „Hm, wie erkläre ich das meiner unehelichen Tochter?“.

„Die Ehe ist nunmal die einzige Verbindung aus der neues Leben hervorgehen kann“.
Hubert Patterer, Kleine Zeitung.

— Florian Klenk (@florianklenk) December 10, 2017

Ein anderer User zitiert die österreichische Geburtenstatistik, nach der 52 Prozent der Eltern bei der Geburt des ersten Kindes nicht miteinander verheiratet sind. Politberater Rudi Fußi sieht Patterer „auf einem Irrweg“, der Journalist Markus Huber stellt verwundert fest: „Ein Tag, an dem man Grosz im Match gegen Patterer recht geben muss, so ein Tag kann kein guter werden.“ Und sein Kollege Dieter Chmelar muss sich eingestehen: „Das für mich so schmerzhaft Enttäuschende an Patterers Pamphlet ist, dass ich ihn über Jahrzehnte hin als weise, weltoffen und wahrhaftig wähnte.“

Das für mich so schmerzhaft Enttäuschende an Patterers Pamphlet ist, dass ich ihn über Jahrzehnte hin als weise, weltoffen und wahrhaftig wähnte. Man kann sich auf nix und niemand mehr verlassen.

— dieter chmelar (@chmelar_dieter) December 10, 2017

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