Der regierungskritische russische Journalist und Menschenrechtsaktivist Chudoberdi Nurmatow, der für die unabhängige Zeitung Nowaja Gaseta unter dem Namen Ali Feruz arbeitete, ist in Deutschland angekommen. Der offen schwule Mann wurde mehr als sechs Monate in russischem Gewahrsam festgehalten.
Wie die russische Organisation LGBT-Network am Freitag bestätigte, verließ er Russland über den Flughafen Moskau-Scheremetjewo, begleitet von Mitarbeitern des Roten Kreuzes, Anwälten und Journalisten. Der Chefredakteur der Nowaja Gaseta, Dimitri Muratow, bestätigte die Ausreise mittlerweile ebenfalls.
Weil er nicht als Informant arbeiten wollte, musste Ali Feruz aus Usbekistan fliehen
Feruz war in Russland geboren worden, kam aber mit 17 Jahren nach Usbekistan und nahm die dortige Staatsbürgerschaft an. Im Jahr 2009 floh er aus Usbekistan, weil er dort verhaftet und gefoltert worden war, nachdem er sich geweigert hatte, als Informant zu arbeiten.
In Moskau arbeitete er seither für die Tageszeitung Nowaja Gaseta, die unter anderem die brutale Schwulenverfolgung in der russischen Teilrepublik Tschetschenien aufgedeckt hatte. Der Journalist berichtete für seine Zeitung über die Rechte von Schwulen und Minderheiten.
Ein Moskauer Gericht ordnete an, den Journalisten nach Usbekistan abzuschieben
Im Jahr 2012 verlor Ali Feruz seine usbekische Staatsbürgerschaft. Seitdem versuchte er mehrmals erfolglos, in Russland Asyl zu bekommen. Im August 2017 war er in Moskau auf dem Weg zur Arbeit bei einer Identitätskontrolle festgenommen und in Gewahrsam genommen worden, da er sich illegal in Russland aufhalte.
Ein Moskauer Gericht ordnete an, ihn nach Usbekistan abzuschieben. Noch im Gerichtssaal unternahm der Journalist einen Selbstmordversuch. Eine Woche später setzte ein Gericht die Auslieferung vorläufig aus.
In Usbekistan hätten Feruz Folter und Tod gedroht
Feruz sei „offen homosexuell, ein Aktivist für die Menschenrechte und Korrespondent der unabhängigen Zeitung Nowaja Gaseta“, so die Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Das sei eine „fast tödliche Kombination für jemanden, der kurz davor steht, nach Usbekistan abgeschoben zu werden, wo Homosexualität ein Verbrechen und Folter endemisch“ seien.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg entschied in einem Eilbeschluss, dass Feruz nicht abgeschoben werden dürfe. Zugleich gab es hinter den Kulissen Bemühungen mit deutscher Beteiligung, ihm die Ausreise in ein anderes Land zu ermöglichen. Auch zahlreiche Menschenrechtsorganisationen setzten sich für den Journalisten ein.
Am 8. Februar urteilte das Moskauer Gericht, der offen homosexuelle Journalist könne in einen Drittstaat ausreisen. Seine Anwälte gaben anschließend bekannt, Feruz habe bereits ein Ticket nach Deutschland gekauft, zudem verfüge er über die nötigen Reiseunterlagen.