Dienstag, 23. April 2024
HomeNewsChronikNSU-Prozess: Anwalt fordert Freispruch für Carsten S.

NSU-Prozess: Anwalt fordert Freispruch für Carsten S.

Der heute 38-Jährige sagte sich von der Rechten Szene los, um offen schwul leben zu können

Meistgelesen

Neu auf GGG.at

Im NSU-Prozess haben die Verteidiger von Carsten S. einen Freispruch für ihren Mandanten gefordert. Der heute 38-Jährige soll Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos die Waffe beschafft haben, mit der die beiden Neonazis gemordet hatten. Wenig später stieg er aus der rechten Szene aus, hatte sein Coming Out und arbeitete vor seiner Verhaftung in der LGBT-Community.

Carsten S. hat den NSU-Mördern die Tatwaffe beschafft

Die Bundesanwaltschaft hat Carsten S. wegen Beihilfe zum Mord angeklagt. Sie fordert eine Jugendstrafe von drei Jahren, weil er zur Tatzeit noch nicht 21 Jahre alt gewesen war. Er habe die wichtigste Mordwaffe des NSU, eine Ceska-Pistole, zu Mundlos und Böhnhardt nach Chemnitz gebracht haben. Damit sollen die beiden Terroristen neun Gewerbetreibende mit türkischen und griechischen Wurzeln erschossen haben.

Die Waffenübergabe hat Carsten S. gestanden. Doch er habe nichts von den geplanten Morden und Anschlägen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ gewusst, betonte sein Anwalt Jacob Hösl vor dem Münchner Oberlandesgericht. Er habe „so etwas nicht für möglich gehalten“. Da er nicht bedingt vorsätzlich gehandelt habe, könne ihm daraus heute kein strafrechtlicher Vorwurf gemacht werden, sagte Hösl.

- Werbung -

Der 38-Jährige gilt als reuiger Aussteiger und engagierte sich in der LGBT-Community

Der heute 38-Jährige zeigt sich reuig. Und im Gegensatz zu anderen Angeklagten wirkt er dabei glaubhaft – auch wegen seiner eigenen Geschichte: Er stieg im Jahr 2003 aus der rechtsextremen Szene aus und zog nach Nordrhein-Westfalen, um dort offen schwul zu leben. Vor seiner Verhaftung im Februar 2012 arbeitete er bei der AIDS-Hilfe in Düsseldorf und hatte noch einen Nebenjob in einem schwul-lesbischen Jugendclub.

Mit seiner umfassenden Aussage im NSU-Prozess belastete Carsten S. vor allem den Mitangeklagten Ralf Wohlleben. Er soll bei der Beschaffung der Waffe eine zentrale Rolle gespielt haben – und der heute 38-Jährige sei damals nur der „willfährige Adlatus“ von Wohlleben gewesen, betont Anwalt Hösl.

Mehrere Angehörige von NSU-Opfern erkannten die Reue von Carsten S. an, sie haben ihm nach eigenem Bekunden verziehen. Der 38-Jährige befindet sich derzeit auf freiem Fuß. Er gilt nach seiner Aussage gegen seine ehemaligen Mitstreiter selbst als gefährdet und befindet sich in einem Zeugenschutzprogramm.

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner