Freitag, 29. März 2024
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Tschetschenien: Russischer Justizminister sieht keine Beweise für Schwulenfolter

„Es gab nicht einmal Vertreter von LGBTI in Tschetschenien. Wir haben keinen gefunden“

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Keine Beweise für die Misshandlung und Ermordung von Schwulen, Lesben und Trans-Personen in Tschetschenien will der russische Justizminister Alexander Konowalow gefunden haben. Das hat er am Montag Vertretern der Vereinten Nationen mitgeteilt.

Vor mehr als einem Jahr begann die Verfolgung schwuler Männer in Tschetschenien

Die dramatischen Vorfälle in der russischen Kaukasusrepublik wurden zum ersten Mal im April 2017 durch einen Artikel in der oppositionellen Zeitung Nowaja Gaseta öffentlich: Schwule Männer sind demnach von tschetschenischen Milizen verschleppt und gefoltert worden, einige von ihnen haben diese Tortur den Informationen der Zeitung zufolge nicht überlebt.

Der tschetschenische Präsident Ramzan Kadyrow hat die Vorfälle immer bestritten. Er hat auch gesagt, dass es in Tschetschenien keine Homosexuellen gebe. „Sogar wenn es solche Leute in Tschetschenien gebe, müsste sich unsere Justiz damit nicht beschäftigen, weil sie ihre eigenen Verwandten einfach an einen Ort bringen würden, von dem sie nicht zurückkehren“, fügte sein Sprecher hinzu.

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Auf internationalen Druck hat Russland daraufhin eigene Ermittlungen begonnen: Doch diese wurden zunächst verschleppt, ein engagierter Ermittler wurde von dem Fall abgezogen. Schließlich wurden die Ermittlungen eingestellt. Die russische Menschenrechtsbeauftragte Tatjana Moskalkowa hat die Untersuchungen daraufhin wieder aufgenommen – und der offiziellen Diktion des Kremls widersprochen.

Moskau fand keine Beweise, dass Schwule gefoltert wurden – oder Schwule selbst

Doch nun blockt der russische Staat wieder ab. Gegenüber einer Arbeitsgruppe des UN-Menschenrechtsrats sagte der russische Justizminister Alexander Konowalow, man sei den Berichten ernsthaft nachgegangen. Doch: „Die Ermittlungen haben ergeben, dass es solche Vorfälle nicht gegeben hat.“

„Es gab nicht einmal Vertreter von LGBTI in Tschetschenien. Wir haben keinen gefunden“, so der Justizminister weiter: „Was natürlich am wichtigsten ist, ist die vollständige Aufklärung möglicher Menschenrechtsverletzungen durch das Gesetz der russischen Föderation. Und ich bin mir sicher, dass die Arbeit auf diesem Gebiet getan ist.“

LGBT-Gruppen zufolge wurden mindestens 200 Personen verschleppt, 26 getötet

Das widerspricht den Erkenntnissen von LGBT-Gruppen und ausländischen Botschaften in Russland. Demnach wurden mindestens 200 Personen wegen ihrer sexuellen Orientierung in Geheimgefängnissen inhaftiert, dort wurden sie gefoltert und geschlagen. Mindestens 26 von ihnen haben diese Haft offenbar nicht überlebt.

Letztes Monat hat Igor Kochetkow, Leiter des russischen LGBT-Network, der Nowaja Gaseta gesagt, dass er insgesamt 114 Personen aus Tschetschenien geholfen habe, die wegen ihrer sexuellen Orientierung in ihrer Heimat in Gefahr waren. Seit Jänner 2018 beschränken die tschetschenischen Behörden dabei ihre Jagd offenbar nicht auf schwule Männer, sondern auch auf Lesben und Trans-Frauen.

Länder wie Kanada, Deutschland, Frankreich oder Belgien haben Betroffenen in einem vereinfachten Verfahren Asyl gewährt. Nicht so Österreich: Das Asylamt hat entsprechende Anträge abgelehnt und gemeint, die Betroffenen könnten in Moskau leben – wo sie allerdings über das Meldesystem verhältnismäßig leicht gefunden werden können.

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