Donnerstag, 18. April 2024
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„Sichere Drittstaaten“: LSVD kritisiert deutsche Bundesregierung

Lage für LGBT-Flüchtlinge aus den Maghreb-Staaten würde sich extrem verschlechten, befürchten die Aktivisten

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Die Maghreb-Staaten Tunesien, Marokko und Algerien sowie Georgien sollen in Deutschland künftig als sichere Herkunftsländer gelten. Das hat die Bundesregierung heute Vormittag beschlossen. Damit sollen Asylanträge von Menschen aus diesen Ländern schneller bearbeitet und Flüchtlinge leichter dorthin abgeschoben werden können. Doch das könnte für einige Betroffene lebensgefährlich werden, warnt der deutsche Lesben- und Schwulenverband (LSVD).

Die Bundesregierung verharmlose die Menschenrechts-Situation in den betroffenen Ländern, kritisiert der LSVD

„Die Bundesregierung betreibt eine skandalöse Verharmlosung der Menschenrechtslage in den Maghreb-Staaten“, ärgert sich LSVD-Vorstandsmitglied Marion Lüttig über die Entscheidung. Sie ist Teil des „Masterplans Migration“ des deutschen Innenministers Horst Seehofer von der CSU.

Der LSVD ist davon überzeugt, dass die Bundesregierung ihre Glaubwürdigkeit in der Menschenrechtspolitik beschädige, wenn sie die Kriminalisierung von Homosexualität verharmlose und Menschenrechtsverfolgungen einen Freifahrtschein ausstelle. „Staaten, die Homosexualität kriminalisieren, sind nicht sicher, sondern sind Verfolgerstaaten“, betont Lüttig. Der LSVD rufe daher Bundestag und Bundesrat auf, dieses Gesetzesvorhaben zu Fall zu bringen.

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Bis zu drei Jahre Haft für gleichgeschlechtliche Handlungen in Tunesien, Marokko oder Algerien

Auf homosexuelle Handlungen stehen in Tunesien, Marokko und Algerien bis zu drei Jahre Haft. Alleine in Tunesien gab es im letzten Jahr mehr siebzig Verhaftungen wegen gleichgeschlechtlicher Handlungen, aus Algerien gibt es dazu keine Zahlen.

Derzeit steht die Ankündigung von Horst Seehofer noch auf wackligen Beinen. Denn ein ähnliches Gesetz wurde schon in der vergangenen Legislaturperiode vom Bundestag beschlossen, scheiterte aber am Widerstand der Grünen im Bundesrat. Die große Koalition ist auch dieses Mal in der Länderkammer auf die Hilfe der Grünen angewiesen.

Die Grünen haben angekündigt, das Gesetz im Bundesrat nicht einfach durchzuwinken

Und diese haben bereits Widerstand angekündigt. Sven Lehmann, Sprecher für Queerpolitik, sagte: „Die Ignoranz der Bundesregierung gegenüber Menschenrechtsverletzungen ist erschreckend. Länder, in denen Homo- und Transsexuelle diskriminiert und verfolgt werden, sind nicht sicher.“

Das habe die Bundesregierung Lehmann auch auf Anfrage hin bestätigt. „Hinzu kommt die Angst, aus dem direkten persönlichen Umfeld angezeigt und dann festgenommen und verurteilt zu werden“, ergänzt Lehmann. Auch Parteichef Robert Habeck lehnt die Einstufung ab. In den Maghreb-Staaten seien Journalisten, Minderheiten und Homosexuelle noch immer nicht sicher vor Verfolgung und Haft, so Habeck gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Auch andere Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Pläne der deutschen Bundesregierung. Für Amnesty International bestehe die Möglichkeit, dass Asylanträge von Menschen aus diesen Ländern pauschal als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt würden, selbst wenn die Menschen dort Verfolgungen ausgesetzt seien.

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