Freitag, 29. März 2024
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Öffnung der Ehe in Kuba ist wieder etwas wahrscheinlicher

Die Nationalversammlung billigt einen Verfassungsentwurf, in dem die Ehe geschlechtsneutral definiert wird

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Meilenstein für sexuelle Minderheiten in Kuba: Die kubanische Nationalversammlung hat am Sonntag einstimmig für einen neuen Verfassungsentwurf gestimmt. In diesem wurde nicht nur die Schaffung einer „kommunistischen Gesellschaft“ als Verfassungsziel gestrichen –  neben anderen Reformen wurde auch die Ehe geschlechtsneutral definiert.

Ehe wird als „freiwillig geschlossener Bund zwischen zwei Personen“ definiert

So heißt es in der derzeit gültigen Verfassung, die seit dem Jahr 1976 gültig ist, die Ehe sei ein „freiwilliger Bund zwischen einem Mann und einer Frau“. Im neuen Entwurf ist in Artikel 68 nur mehr von einem „freiwillig geschlossenen Bund zwischen zwei Personen“ die Rede.

„Die Möglichkeit, dass zwei Menschen heiraten können, stärkt die Grundsätze unseres Projekts, Gleichheit und Gerechtigkeit“, sagte Homero Acosta, Sekretär des Staatsrats, den Abgeordneten am Samstag. Die Verfassungsreform wurde von einer Kommission unter Raúl Castro, dem ehemaligen Präsidenten und jetzigen Ersten Sekretär der KP, ausgearbeitet.

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Das Volk muss noch über die Verfassungsreform abstimmen

Zu den weiteren Reformen, die die neue Verfassung vorsieht, gehören eine Anerkennung einzelner Elemente des freien Marktes sowie die Schaffung von Privateigentum. An Stelle der „kommunistischen Gesellschaft“ soll nun der sozialistische Rechtsstaat das Ziel der Verfassung sein.

Das kubanische Volk soll nun den neuen Verfassungsentwurf vom 13. August, dem Geburtstag des verstorbenen Revolutionsführers Fidel Castro, bis zum 15. November diskutieren. Dann soll in einer Volksabstimmung darüber abgestimmt werden. Dabei kann man auch für „Nein“ stimmen.

LGBT-Aktivisten sind vorsichtig optimistisch – aber der Weg wird noch steinig werden

Der kubanische LGBT-Aktivist Francisco Rodrígues, der auch Mitglied der kommunistischen Partei ist, sieht in dem Entwurf eine „offene Tür“ für die Öffnung der Ehe in Kuba. Er betont auch, dass der Verfassungsentwurf das „Prinzip der Nicht-Diskriminierung wegen der sexuellen Orientierung“ beinhalte. Damit sei der Weg offen, die Gleichberechtigung sexueller Minderheiten im kubanischen Recht zu verankern.

Allerdings sei die neue Verfassung „nur ein erster Schritt“, gibt Rodríguez in einem Kommentar zu bedenken. Der Kampf für die Umsetzung dieser Rechte werde nicht ganz einfach sein. LGBT-Aktivistin Isbel Diaz Torres betont ebenfalls, dass diese Schlacht noch nicht gewonnen sei.

„Wir werden weiter auf die Straßen gehen, bis die Verfassungsreform vollzogen ist“, kündigte Diaz Torres in Sozialen Medien an: „Und nach der Änderung der Verfassung müssen wir sicherstellen, dass die gleichgeschlechtliche Ehe anerkannt wird.“ Denn die Verfassung schafft dazu nur die Grundlage.

Nach der kommunistischen Revolution wurden Homosexuelle eingesperrt und ermordet

Die Geschichte der Homosexualität im kommunistischen Kuba hat sich erst in den letzten Jahren zum Besseren gewandt. Nach der Machtübernahme der Kommunisten im Jahr 1959 sah Staats- und Parteichef Fidel Castro Homosexualität als Nebenprodukt des Kapitalismus: Lesben und Schwule wurden in „Umerziehungslager“ gesteckt, in denen viele von ihnen starben.

Im Jahr 1979 wurde Homosexualität auf Kuba zwar offiziell legalisiert, allerdings wurden sexuelle Minderheiten wegen „asozialem Verhalten“ weiter verfolgt. Lesben und Schwule wurden weiterhin systematisch vom Staatsdienst ferngehalten.

Als Fidel Castro im Jahr 2010 abdankte, entschuldigte er sich für die Verfolgung von Lesben und Schwule. Das brutale Vorgehen rechtfertigte er als „spontane Reaktion der Revolutionäre, die auf den Traditionen der Nation beruht“.

Fidel Castros Nichte Mariela ist Kubas starke Stimme für die Rechte sexueller Minderheiten

Seitdem kam es auf Kuba zu bemerkbaren Fortschritten bei den Rechten für sexuelle Minderheiten. Diese sind zumeist mit dem Namen Mariela Castro verknüpft. Die Nichte von Fidel Castro und Tochter seines Bruders Raúl leitet das staatliche Zentrum für Sexualerziehung (CENESEX) und ist Mitglied der kubanischen Nationalversammlung. Sie setzte unter anderem ein Verbot der Diskriminierung sexueller Minderheiten im Arbeitsrecht durch. Auch sind in Kuba geschlechtsangleichende Operationen möglich.

Auch die Bestellung von Miguel Díaz-Canel als Ministerpräsident Kubas sorgte im April in der LGBT-Szene der Karibikinsel für Aufatmen: „Wir haben das Glück mit ihm jemanden zu haben, der sensibilisiert ist“, sagte Castro Anfang Mai über den neuen Präsidenten. In den 1990er-Jahren soll er als Parteisekretär in der Provinz Villa Clara seine schützende Hand über die Schwulenbar „El Mejunje“ gehalten haben.

Mit der Öffnung der Ehe folgt auch Kuba einem Trend, der in Lateinamerika immer stärker wird. So haben bereits Argentinien, Brasilien, Kolumbien, Uruguay und einige Bundesstaaten Mexikos die Ehe für schwule und lesbische Paare geöffnet.

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