Donnerstag, 28. März 2024
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Einziger schwuler Abgeordneter Brasiliens flüchtet aus dem Land

Todesdrohungen zwingen Jean Wyllys zu diesem Schritt

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Wegen Todesdrohungen hat Jean Wyllys, der einzig offen schwule Abgeordnete im brasilianischen Parlament, das Land verlassen. Er will auch aus Angst sein Mandat niederlegen. Wo er sich gerade aufhält ist nicht bekannt. „Leben zu bewahren ist auch eine Strategie, um für bessere Zeiten zu kämpfen“, so der 44-jährige Politiker der Linkspartei PSOL gestern auf Twitter.

Seit der Wahl des Präsidenten wird das Leben für LGBT in Brasilien immer gefährlicher

Sein Schritt sei keine direkte Folge der Wahl des ultrarechten Jair Bolsonaro zum brasilianischen Präsidenten, erklärte er der Tageszeitung Folha de S. Paulo. Vielmehr habe nach dessen Wahlsieg die Gewalt gegen sexuelle Minderheiten in Brasilien weiter zugenommen.

Bereits zuvor war das Land trauriger Spitzenreiter, wenn es um die Gewalt gegen sexuelle Minderheiten geht. Wie die brasilianische LGBT-Gruppe Gay de Bahia gezählt hat, wurden im Jahr 2018 insgesamt 420 Morde mit homo- oder transphoben Hintergrund bekannt, verglichen mit dem Vorjahr eine Steigerung von sechs Prozent.

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Und das dürfte erst der Anfang sein: Denn Bolsonaro hat in der Vergangenheit immer wieder durch homophobe Äußerungen signalisiert, dass Angehörige sexueller Minderheiten für ihn offenbar weniger wert seien. So meinte er in einem Interview, dass er einen schwulen Sohn nicht lieben könne: „Mir wäre lieber, er würde bei einem Unfall sterben.“

Wyllys und Präsident Bolsonaro hassen sich abgrundtief

Über den Rückzug von Wyllys aus dem brasilianischen Parlament twitterte Bolsonaro mit einem Daumen-nach-oben-Emoji und dem Spruch „Guter Tag für Brasilien“. Mit dem Präsidenten verbindet der schwule Abgeordneten eine echte Hass-Beziehung: Als dieser 2016 seine Stimme für eine Absetzung der damaligen Präsidentin Dilma Rousseff einem Folterer der brasilianischen Militärdiktatur widmete, spuckte Wyllys ihm ins Gesicht.

Erste größere Aufmerksamkeit bekam Jean Wyllys, als er 2005 als erster offen schwuler Teilnehmer an der brasilianischen Ausgabe von „Big Brother“ teilgenommen und gewonnen hatte. Seine so gewonnene Popularität nutzte er, um sich für LGBT-Rechte einzusetzen.

Auch sein Nachfolger im Parlament könnte ein schwuler Mann werden

Der Pressestelle des brasilianischen Parlaments zufolge hat Wyllys sein Mandat noch nicht formell niedergelegt. Sein Büro erklärte allerdings, dass er das bald tun werde und eine Zeit außerhalb des Landes verbringe. Angaben zu seinem Aufenthaltsort machten die Mitarbeiter nicht.

Mit seinem möglichen Nachfolger im Parlament wird Bolsonaro auf jeden Fall auch keine Freude haben: Medienberichten zufolge soll der Journalist und Politiker David Miranda den Sitz von Wyllys übernehmen. Der 35-Jährige ist der Ehemann des britischen Journalisten Glenn Greenwald, der für die britischen Tageszeitung The Guardian die Enthüllungen von Edward Snowden aufbereitet hatte.

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