Samstag, 20. April 2024
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Brunei beklagt mangelnde Toleranz gegenüber eigener Intoleranz bei Lesben und Schwulen

Weil die Todesstrafe selten und Auspeitschungen moderat ausgeführt werden sollen

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Mangelnde Toleranz gegenüber intoleranten Gesetzen beklagt Brunei. In einem vierseitigen Brief an alle Abgeordneten des Europaparlaments bittet das Sultanat um Verständnis – aber nur für die eigene Position. Brunei hatte Anfang April das Strafrecht verschärft. Nun können schwule Männer dort gesteinigt werden, lesbischen Frauen drohen zehn Jahre Haft und Peitschenhiebe.

Brunei bittet Europaparlamentarier um Toleranz, Respekt und Verständnis – für ihre eigenen intoleranten Gesetze

Wie die britische Tageszeitung The Guardian berichtet, bittet das Sultanat die Europaparlamentarier um Toleranz, Respekt und Verständnis dafür, dass man seine traditionellen Werte und die Erblinie wahren wolle. Die internationale Kritik beruhe auf einem Missverständnis, betont die Regierung in dem Brief. Die Strafe auf Ehebruch und «Sodomie» sei dazu da, die heilige Familie und die ebenso heilige Ehe zu schützen.

Brunei hatte im April ein Strafrecht verabschiedet, das in großen Teilen auf einer strengen Interpretation der islamischen Scharia basiert. So droht für schwulen Sex, Vergewaltigung, Raub oder Gotteslästerung die Todesstrafe durch Steinigung. Dieben soll eine Hand amputiert werden, im Wiederholungsfall ein Bein. Lesbischer Sex kann mit 40 Stockhieben oder zehn Jahren Gefängnis bestraft werden.

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Für die Todesstrafe sei eine „hohe Beweisschwelle“ notwendig, und die Peitschenhiebe werden nur mit „moderater Kraft“ ausgeführt

Doch das sei alles nicht so schlimm, erklärt das Sultanat den Abgeordneten. So heißt es in dem Brief, dass Todesstrafen wohl kaum angewendet werden müssten. Verstöße gegen das neue Strafrecht hätten eine „hohe Beweisschwelle“ und benötigten nicht weniger als zwei bis vier männliche Augenzeugen mit „hohem moralischen Rang“.

Und die Auspeitschungen, die unter anderem lesbischen Frauen drohen, nähmen nur Angehörige desselben Geschlechts vor, heißt es in dem Brief. Die Betroffenen blieben dabei auch bekleidet, die Hiebe würden mit moderater Kraft ausgeführt, sodass weder die Haut verletzt noch Knochen gebrochen würden. Auch dürften sie nicht gegen das Gesicht, den Magen, die Brust oder gegen den Intimbereich gerichtet sein, versucht das Sultanat die Abgeordneten zu beruhigen.

Außerdem betonte das Sultanat gegenüber der Europäischen Union, dass die Bestimmungen des neuen Strafrechts „keine von Menschen geschaffenen Gesetze sind, sondern von Allah festgelegt wurden“. Deshalb handle es sich auch nicht um eine Verschärfung.

Die Europaparlamentarier lassen sich von dem bizarren Brief nicht beeindrucken

Davon haben sich die Europaparlamentarier aber nicht wirklich beeindrucken lassen. Die Strafen bedeuteten „Folter oder die grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung“ von Menschen. Damit verstoße Brunei gegen die UNO-Antifolterkonvention, die das Sultanat im Jahr 2015 unterzeichnet hatte. Außerdem hieß es in der Erklärung des Parlaments, die EU erwarte, dass die Todesstrafe in Brunei auch künftig nicht vollstreckt werde.

Weiters forderte das Europaparlament den diplomatischen Dienst der EU auf, Sanktionen gegen Brunei zu prüfen. Dazu könnten das Einfrieren des Vermögens in der Union oder Einreiseverbote gehören. Die Mitgliedstaaten der EU werden außerdem aufgefordert, „Asylverfahren und humanitären Schutz für die Opfer des derzeitigen Strafgesetzbuchs von Brunei“ zu garantieren.

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