Donnerstag, 28. März 2024
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Berlin: Mehr Angriffe auf sexuelle Minderheiten

Polizei und Anti-Gewalt-Projekt Maneo registrieren mehr homo- und transphobe Vorfälle

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Das Berliner Anti-Gewalt-Projekt Maneo hat im letzten Jahr mehr Übergriffe auf sexuelle Minderheiten gezählt als im Jahr zuvor. Das dürfte aber nicht nur an einem Anstieg der Übergriffe liegen – sondern auch daran, dass sie immer öfter gemeldet werden.

Das Anti-Gewalt-Projekt Maneo zählte 382 Übergriffe, die Berliner Polizei 225 Straftaten

So hat Maneo im Jahr 2018 in Berlin insgesamt 382 Übergriffe auf Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen gezählt. Das sind um 58 mehr als im Jahr zuvor. Und auch die Berliner Polizei meldet einen neuen Höchststand bei den Straftaten gegen sexuelle Minderheiten: Sie zählte im letzten Jahr 225, das sind 54 mehr als im Jahr zuvor. Davon konnten 47 Prozent aufgeklärt werden – ein Anstieg zu 2017, wo die Aufklärungsrate bei 42 Prozent lag.

Durch unterschiedliche Zählweisen können die Daten von Maneo und der Polizei nicht direkt verglichen werden. „Wir sind mehr mit den Szenen vernetzt, vor allem aber sind wir eine unabhängige Stelle“, erklärt Bastian Finke, Leiter von Maneo, den Unterschied. Da die Polizei jahrzehntelang schwule Männer verfolgt habe, gäbe es unter diesen noch Vorbehalte gegenüber der Polizei.

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Mehr als 80 Prozent der Übergriffe dürften gar nicht gemeldet werden

Auf jeden Fall sind die Zahlen nur die Spitze eines Eisbergs. „Wir müssen aber von weit mehr Vorfällen ausgehen, obwohl immer mehr Betroffene den Weg zur Polizei finden und sich mit einer Anzeige wehren“, erklärte Bastian Finke, der Leiter von Maneo, bei der Vorstellung der Zahlen: „Es gibt Trans-Personen, die uns erzählen, sie müssten jeden Tag eigentlich drei Fälle melden.“

Das bestätigt auch Sebastian Stipp, eine von zwei Ansprechpersonen der Berliner Polizei für queere Menschen. Er schätzt, dass zwischen 80 und 90 Prozent der Fälle nicht gemeldet werden. Deshalb sei er sogar froh, dass die Anzahl der angezeigten Straftaten gegen sexuelle Minderheiten in Berlin steigt. „Das Vertrauen in die Polizei ist – denke und hoffe ich – vielleicht ein Stück weit gestiegen. Das könnten diese Zahlen auch belegen“, so Stipp.

Besonders die Zahl der gemeldeten Beleidigungen ist stark angestiegen

Mit 286 Fällen richten sich die meisten Angriffe gegen schwule und bisexuelle Männer, 50 Mal gab es Übergriffe auf Trans-Personen. Angriffe auf Lesben und bisexuelle Frauen wurden letztes Jahr 27 Mal gemeldet. Allgemeine Übergriffe gegen sexuelle Minderheiten, etwa gegen Gedenkstätten, wurden 19 Mal registriert.

Die Zahl der Körperverletzungen an sexuellen Minderheiten ist Maneo zufolge mit 67 Meldungen gesunken, die Polizei hat hier allerdings einen leichten Anstieg verzeichnet. Deutlich gestiegen sind bei der Berliner Polizei aber die „sonstigen Delikte“, zu denen Beleidigungen zählen. Das kann Maneo bestätigen: Bei dem Anti-Gewalt-Projekt hat sich die Zahl der gemeldeten Beleidigungen auf 123 Fälle fast verdoppelt.

Dramatischer Anstieg der Vorfälle im Bezirk Neukölln

Die meisten Übergriffe gibt es Maneo zufolge in Schöneberg, wo sich auch der Regenbogenkiez befindet. Dort sanken die gemeldeten Angriffe von 69 auf 49 um mehr als ein Viertel. In Neukölln hat sich die Zahl der Maneo gemeldeten Vorfälle allerdings verdoppelt. Die drittmeisten gemeldeten Übergriffe gab es in Mitte, auf dem vierten Platz folgt Kreuzberg.

Wer Opfer von Hasskriminalität wird, kann auf der Internetwache der Polizei Berlin online eine Anzeige aufgeben. Außerdem gibt es bei der Berliner Polizei zwei Ansprechpersonen für LSBTI. Sie sind unter der Telefonnummer +49(0)30 /4664 979 444 erreichbar. Beim schwulen Anti-Gewalt-Projekt Maneo können LGBTI-feindliche Straftaten aus Berlin über die Webseite oder das Überfalltelefon unter der Nummer +49/(0)30 /216 33 36 (täglich von 17 bis 19 Uhr) gemeldet werden.

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