Dienstag, 16. April 2024
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Erste Pride in Sarajevo: Mehr Teilnehmer als erwartet

Medien sprechen von bis zu 3.000 Teilnehmern - erwartet wurden 500

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Ohne Zwischenfälle ist am Sonntag die erste Pride in Bosnien und Herzegowina verlaufen: In fröhlicher Stimmung feierten in Sarajevo bis zu 3.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer – weit mehr als die zuvor angemeldeten 500 Menschen. Damit hat es in allen Hauptstädten des ehemaligen Jugoslawiens eine Pride gegeben.

Die Parade fand unter dem Motto „Ima izać“ („Wir wollen raus[kommen]“) statt – und war ein Zeichen der Einheit in dem gewöhnlich tief geteilten Vielvölkerstaat. Das Motto des Marsches stand in lateinischer und kyrillischer Schrift auf einem rosaroten Spruchband, das an der Spitze des Marsches geführt wurde. Die lateinische Schrift wird von den muslimischen Bosniaken und Kroaten verwendet, die kyrillische von Serben.

Die knapp zwei Kilometer lange Route führte von der Ewigen Flamme im Zentrum Sarajevos bis zum Parlament. Unter den Teilnehmern waren auch viele Bürgerinnen und Bürger, die für ein liberales, Europa und der Welt zugewandtes Land kämpfen. Unter ihnen waren der offen schwule US-Botschafter Eric Nelson, sein britischer Amtskollege Matt Field, der italienische Botschafter Nicola Minasi oder der deutsche Bundestagsabgeordnete Manuel Sarrazin von den Grünen. Für Sarrazin ist „Toleranz gegenüber der LGBTI-Community eine Art Lackmustest. Auch für die zukünftige Entwicklung des Landes.“

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Strenge Sicherheitsvorschriften und mehr als tausend Polizisten schützten die Sarajevo Pride

Der Marsch fand unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. So gab es scharfe Einlasskontrollen, die Innenstadt war abgeriegelt. Insgesamt 1.100 Polizisten begleiteten den Demonstrationszug, darunter auch Scharfschützen. Zuschauer wurden bei der ersten Pride-Parade in Sarajevo nicht zugelassen. Es gab keine Zwischenfälle.

Der Marsch wurde auch von Trommlern begleitet, immer wieder war auch „Ay Carmela“, ein Mobilisierungslied aus dem spanischen Bürgerkrieg, zu hören. Auf den Plakaten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden nicht nur gleiche Rechte für geschlechtliche und sexuelle Minderheiten gefordert. Einige „Refugees Welcome“-Plakate richteten sich an Migranten.

Die Diskriminierung von LGBT-Personen ist auf dem Balkan allgegenwärtig

Die Diskriminierung sexueller und geschlechtlicher Minderheiten ist am Balkan allgegenwärtig. „Wir haben jeden Tag Angst, getötet zu werden. Ich bin offen schwul. Ich habe mich geoutet und ein Mann hat mich deswegen mit dem Auto angefahren. Wir protestieren, um frei auf die Straßen gehen zu können“, erklärte Admir Adilovic, einer der Teilnehmer, dem Deutschlandfunk.

Neben der Sarajevo Pride gab es auch zahlreiche Gegenveranstaltungen, die größte am Samstag. Zu den Klängen der Landeshymne gingen einige hundert Anhänger von vermeintlich traditionellen Familienwerten auf die Straße, um auf der gleichen Strecke zu demonstrieren. „Das ist eine Krankheit. Warum soll man Kranken Rechte geben? Ich bin für ihre Heilung“, erklärte eine der Teilnehmerinnen.

Lokale Politiker hielten sich von der Sarajevo Pride fern

Die Menschenrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatovic, hatte die Behörden aufgefordert, für einen sicheren Ablauf der ersten Pride-Parade in der Geschichte des Landes zu sorgen. Doch deren Interesse war bescheiden: So hatte die Regionalregierung die Veranstalter aufgefordert, die Kosten für die Schutzbarrieren selbst zu tragen.

Der aus Österreich stammende EU-Nachbarschaftskommissar Johannes Hahn bezeichnete die Sarajevo Pride auf Twitter als wichtigen Schritt zum Schutz der grundlegenden Rechten aller Bürger von Bosnien und Herzegowina, inklusive der LGBT-Community. Sie hätten das Recht, ihr Leben ohne Diskriminierung, Misshandlung und Drohungen zu führen, so der ehemalige ÖVP-Politiker.

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