Donnerstag, 25. April 2024
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[Video] Figur mit schwulem Elternpaar in Kroatien als „Übel des Jahres“ verbrannt

Heftige Kritik an der "Tradition" vom kroatischen Staatspräsidenten

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Verstörende Szenen hat es am Wochenende beim Faschingsumzug in der kroatischen Kleinstadt Imotski gegeben: Dort wurde zum Schluss des Umzugs unter großem Applaus der Anwesenden die riesige Pappmachefigur eines schwulen Paares mit Kind verbrannt – als „Übel des Jahres“.

Hinter der Figur liefen kleine Kinder, die offenbar schon früh lernen sollten, Lesben und Schwule zu hassen

In der 11.000 Einwohner zählenden Kleinstadt im dalmatinischen Hinterland gehört es zur Tradition, dass die Veranstalter ein zentrales Thema als „Übel des Jahres“ wählen, das dann auf dem Umzug mitgeführt und  schließlich symbolisch verbrannt wird. Doch normalerweise handelt es sich dabei beispielsweise um unbeliebte Politiker. Nicht so dieses Jahr: Da hat sich die Wut der Bevölkerung offenbar auf Homosexuelle und ihren Kampf um Gleichstellung gerichtet.

Und so wurde zunächst die Figur des schwulen Paares mit einem Kind durch die Straßen von Imotski gezogen. Dahinter liefen kleine Kinder, die als Lämmer verkleidet waren, und das „Kind“ des Paares hatte das Gesicht des sozialdemokratischen Parlamentsabgeordneten Nenad Stazic. Auf seinem Gesicht war ein fünfzackiger roter Stern angebracht.

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Beim Faschingsfinale wurde die Figur schließlich auf dem Marktplatz verbrannt, begleitet von Musik und Applaus. Die Zeremonie wurde mit den Worten „Lasst uns diese groteske Familie (…) in Brand setzen. Spielt Musik!“ eingeleitet.

Scharfe Kritik an der Aktion kommt vom kroatischen Staatspräsidenten und der Volksanwältin

Staatspräsident Zoran Milanović hat mittlerweile den „traurigen, inhumanen und absolut inakzeptablen Akt“ kritisiert, ihm folgten auch einige Parlamentsabgeordnete. Die kroatische Volksanwältin Lora Vidović bezeichnete die Verbrennung der Figur als „unverständlich, niederschmetternd und traurig“. Es sei inakzeptabel, dass man den Kindern beibringe, dass es in Ordnung sei zu hassen, schrieb sie auf Twitter.

Die Veranstalter des Faschingszugs pochen hingegen auf ihre Traditionen. „Wir sind eine konservative Gesellschaft, die sich an die Tradition hält. ‚Gib das Kind der Mutter‘, wie man zu sagen pflegt. Wir denken, dass das so richtig ist“, sagte Milivoj Djuka, Vorsitzende des lokalen Kulturvereins.

Hass und Intoleranz „sind nicht und werden niemals kroatische Tradition sein“, betont der Präsident

Doch das lässt Präsident Milanović nicht gelten. Hass, Intoleranz und Inhumanität „sind nicht und werden niemals kroatische Tradition sein“, betonte er auf Facebook. Von den Organisatoren forderte er eine öffentliche Entschuldigung, von zuständigen Institutionen eine Reaktion, „weil zahlreiche Kinder das Geschehen beobachtet haben und damit Zeugen der Hassverbreitung sowie Gewaltanstachelung wurden“.

Die Vereinigung „Regenbogenfamilien“ kündigte am Montag an, gegen die Organisatoren wegen öffentlicher Aufstachelung zu Gewalt und Hass Strafanzeige zu erstellen. „Erschreckende Szenen aus Imotski können nicht mit Karnevalsbräuchen gerechtfertigt werden. Das ist zu verurteilen“, kritisierte der Koordinator der Organisation, Daniel Martinović.

In der kroatischen Bevölkerung sind Vorbehalte gegen sexuelle Minderheiten weit verbreitet

Erst vor wenigen Wochen hatte das kroatische Verfassungsgericht geurteilt, dass auch gleichgeschlechtliche Paare Pflegeeltern werden können. Zuvor hatte die Regierung mit einer Reform des Adoptionsrechts ausgeschlossen, dass schwule und lesbische Paare Kinder adoptieren können.

Dabei haben sie Rückhalt aus der Bevölkerung: In einer Umfrage des staatlichen Fernsehen HRT nach dem Urteil des Verfassungsgerichts gaben 63,7 Prozent der 1400 Befragten an, das Recht homosexueller Paare auf eigene Kinder nicht zu unterstützen.

Wenn es um die Rechte sexueller Minderheiten geht, gilt das katholisch geprägte Kroatien als Schlusslicht. Zwar ist Homosexualität seit 1977 legal, doch 2013 stimmten fast zwei Drittel der Bevölkerung dafür, die Ehe als Verbindung von Mann und Frau in die Verfassung aufzunehmen. Ein halbes Jahr später führte die kroatische Regierung Eingetragene Partnerschaften ein.

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