Freitag, 19. April 2024
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Polnisches Parlament unterstützt Gesetz zur Abschaffung von Sexualerziehung

Wer mit Kindern und Jugendlichen über Sex redet, soll ins Gefängnis

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In Polen hat das Parlament am Donnerstag trotz massiver Proteste in erster Lesung für einen homophoben Gesetzesentwurf gestimmt, der einem Verbot von Sexualerziehung gleichkommt. Der Entwurf wurde von der ultrakatholischen Organisation „Stop Pedofilii“ eingebracht, die auch gerne gegen Pride-Paraden in Polen hetzt. Offiziell begründen die christlichen Extremisten ihre Gesetzesinitiative mit dem Kampf gegen Pädophilie.

Radikalkatholiken wollen, dass nicht über Sex geredet wird, um Kinder vor „sexueller Gewalt durch LGBT-Aktivisten“ zu schützen

Auf ihrer Webseite erklären die Radikalkatholiken, Zweck ihres Gesetzesentwurf sei der „Schutz der Kinder gegen sexuelle Gewalt durch LGBT-Aktivisten und Verhinderung der sexuellen Promiskuität junger Menschen“. Sie warnen vor Sexualpädagogen, die „Kinder sexuell erwecken und Homosexualität, Masturbation und andere sexuelle Aktivitäten fördern“. Außerdembehaupten sie in dem Antrag, dem der Gesetzesentwurf beigelegt war, dass in Westeuropa jene, die sich an der Umsetzung der Sexualerziehung für Schulen beteiligt haben, wegen Pädophilie verurteilt wurden – einen Beweis bleiben sie schuldig.

Bereits jetzt wird die „öffentliche Werbung für oder Zustimmung zu Pädophilie“ in Polen mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft. Dieser Paragraf soll nun erweitert werden – auf Personen, die „Geschlechtsverkehr von Minderjährigen öffentlich propagieren oder empfehlen“. Wird der Geschlechtsverkehr Minderjähriger über Massenmedien, in Schulen oder Bildungseinrichtungen „propagiert“, sollen sogar drei Jahre Haft drohen.

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Scharfer Protest von der Opposition, Ablehnung vom Verfassungsgericht und dem EU-Parlament

Mit der geforderten Ergänzung würde sexuelle Aufklärung von Minderjährigen praktisch verboten werden. Dementsprechend wurde die Initiative im In- und Ausland auch heftig kritisiert. Auch im Parlament war der Abstimmung eine hitzige Debatte vorausgegangen. Dabei betonten linke, liberale und auch konservative Oppositionspolitiker, dass nur Aufklärung Missbrauch verhindere, und der Gesetzentwurf deshalb viel eher zu Missbrauch und Vergewaltigungen führen würde. Die Opposition erinnerte auch daran, dass das Verfassungsgericht, viele Wissenschaftler und auch das EU-Parlament den Entwurf in ihren Stellungnahmen abgelehnt hätten.

Der stellvertretende Justizminister Marcin Warchol begrüßte den Gesetzesentwurf. Er erklärte, dass Sexualerziehung zum Auseinanderbrechen der Familie, Porno-Sucht, Aggression sowie ungewollten Schwangerschaften führe und Jugendliche geradezu zu Vergewaltigungen ermutige: Diese gingen hauptsächlich von Minderjährigen aus, so der PiS-Politiker.

Möchte die rechtskonservative Regierung mit den Initiativen nur ihre katholischen Wähler bei der Stange halten?

Bei der Abstimmung waren schließlich 246 Abgeordnete dafür, den Gesetzesentwurf in die zuständigen Ausschüsse zu verweisen. 199 Abgeordnete votierten dagegen, 15 gaben ihre Stimme nicht ab. Ebenfalls in erster Lesung angenommen wurde ein Gesetzesentwurf, der eine weitere Verschärfung des restriktiven Abtreibungsrechts vorsieht. Abgelehnt wurden Anträge, die Gesetzesentwürfe sofort abzulehnen oder ohne Beratung in den Ausschüssen zur zweiten Lesung zuzulassen.

Beobachter vermuten, dass die PiS die Gesetzesentwürfe in den Ausschüssen versanden lassen will: So könnte die Partei ihre konservativen Wähler bei der Stange halten, ohne Massenproteste zu provozieren, wie es sie das letzte Mal in Polen gab, als das Abtreibungsrecht verschärft werden sollte. Ob das auch für das Verbot von Sexualaufklärung gilt, ist freilich nicht sicher. Wenn in den letzten Monaten in Polen gegen sexuelle Minderheiten gehetzt wurde, waren die Politiker der PiS meistens ganz vorne dabei – zum Beispiel bei der Stimmungsmache gegen die vermeintliche „Gender-Ideologie“ oder die Einrichtung von „LGBTI-freien Zonen“.

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