Mittwoch, 24. April 2024
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Raub beim Cruisen im Rathauspark: Mutmaßliches Opfer verwirrt Richter

Am ersten Tag nach der Corona-Schließung gab es Verwirrung im Gerichtssaal

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Unter Einhaltung sämtlicher Corona-Sicherheitsvorkehrungen wurde gestern am Landesgericht Wien der Betrieb wieder aufgenommen. Einer der ersten Fälle, die im „Landl“ verhandelt wurden, betraf einen mutmaßlichen Raubüberfall beim Cruising im Wiener Rathauspark. Das berichtet der Standard.

Ein 50-Jähriger soll einem 28-Jährigen das Handy und 800 Euro geraubt haben

Einem 50-jährigen Nordmazedonier wurde vorgeworfen, gemeinsam mit zwei unbekannten Komplizen Mitte Oktober im Cruising-Bereich des Rathausparks einen 28 Jahre alten Pakistaner betäubt und ausgeraubt zu haben. Dem Mann sollen bei dem Raub 800 Euro und ein Mobiltelefon gestohlen worden sein.

Der Angeklagte beteuerte vor Gericht seine Unschuld. „Ich bin seit 33 Jahren in Österreich und hatte nie Probleme mit der Polizei“, beteuert der Angeklagte: Nie würde er einen Raub begehen. Auf die Replik des Richters, dass er im Februar bereits am Landesgericht verurteilt wurde, antwortet er: „Ja – aber das war kein Raub.“

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Der Angeklagte musste dem Richter erklären, was sich abends im Rathauspark tut

Dem Richter sagt er, dass er an dem besagten Abend im Busch auf Männer gewartet habe und erklärt auf Nachfrage, dass der weitläufige Park an der Wiener Ringstraße gerne zum Cruisen unter Männern genutzt wird. Plötzlich sei ihm der 28-Jährige erschienen, den er vom Sehen her kannte. Er habe ihn am Arm gepackt und „Mein Telefon, mein Telefon“ geschrien. 

Er habe nicht gewusst, worum es ging – doch als der Pakistaner damit drohte, die Polizei zu rufen, bot er ihm 200 Euro an. „Meine Partnerin wusste nicht, dass ich schwul bin, und ich wollte nicht, dass es bekannt wird“, erklärte er dem Richter. Der Beziehung dürfte das Zwangsouting durch die Behörden nicht geschadet haben – die Freundin war unter den Zuschauern.

Das Opfer verwickelte sich bei seiner Aussage in Widersprüche

Doch auch das mutmaßliche Opfer konnte kein Licht ins Dunkel der lauen Oktobernacht bringen. Denn im Lauf der Befragung verwickelte sich der 28-Jährige immer stärker in Widersprüche. Im Herbst hatte der Mann gegenüber der Polizei noch gesagt, er sei mit zwei Männern auf einer Bank gesessen, als ein Dritter von hinten kam und ihm ein Tuch, das mit einem Betäubungsmittel getränkt war, vor Mund und Nase hielt. Nachdem er wieder erwacht war, hätten ihm Zeugen berichtet, alle drei Männer hätten seine Taschen ausgeleert.

Vor Gericht behauptete der Pakistaner hingegen, die drei Männer hätten ihn aufgehalten, und der Angeklagte sei von vorne auf ihn zugekommen und habe ihm ein Taschentuch ins Gesicht gedrückt, woraufhin er das Bewusstsein verlor. Vor der Polizei identifizierte der 28-Jährige den Angeklagten noch als einen der beiden Männer auf der Bank. Damals sagte er, betäubt habe ihn ein anderer.

„Als die Polizei da war, hat er mich verleumdet und gesagt, ich sei homosexuell!“

Verworren ist auch die Geschichte, wie das Opfer den Angeklagten gefunden hatte: Er sei einige Tage nach dem mutmaßlichen Überfall mit einem Freund wieder im Rathauspark gewesen. Zeugen hätten ihm gesagt, der 50-Jährige wäre dort regelmäßig anzutreffen. Als der Angeklagte das Opfer sah, sei er weggelaufen und habe versucht, ihn mit einem Ast zu schlagen, so das Opfer – ein Detail, dass bei den bisherigen polizeilichen Aussagen nicht vorkam. Und auch sein Freund konnte sich im Zeugenstand daran nicht erinnern. 

Sicher sind sich das Opfer und sein Freund hingegen, dass der Angeklagte ihnen an diesem Abend den Überfall gestanden habe und ihnen deshalb die 200 Euro angeboten hätte. Allerdings spricht das Opfer praktisch kein Deutsch, sein Bekannter nur wenig. „Als die Polizei dann da war, hat er mich außerdem verleumdet und gesagt, ich sei homosexuell!“, empört sich der 28-Jährige. „Das ist nicht strafbar“, gibt der Staatsanwalt daraufhin kühl zurück.

Aufgrund der widersprüchlichen Aussagen des Opfers kommt der Richtersenat nach nur wenigen Minuten zu seinem Urteil: Einem Freispruch, der mittlerweile rechtskräftig ist.

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