Mittwoch, 24. April 2024
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Larry Kramer, Dramatiker und Aids-Aktivist der ersten Stunde, ist tot

Der Pionier starb an den Folgen einer Lungenentzündung

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Der New Yorker Dramatiker, Künstler und Aids-Aktivist Larry Kramer ist tot. Das hat sein Ehemann, der Architekt David Webster,l nun bestätigt. Kramer wurde 84 Jahre alt.

Larry Kramer war einer der ersten, der vor den Folgen der Aids-Krise auf die schwule Community warnte

In den frühen 1980er-Jahren war Kramer einer der ersten, der die Dimensionen der Aids-Krise kommen sehen hat: „Unser Fortbestand als schwule Männer auf dieser Erde steht auf dem Spiel. Wenn wir nicht für unsere Leben kämpfen, werden wir sterben“, schrieb er damals in dem Text „1,112 and counting“ („1112 und weiter steigend“), der zuerst im New York Native erschien und dann in zahlreichen US-Schwulenmagazinen abgedruckt wurde. Als einer der Mitgründer der „Gay Men’s Health Crisis“ bot er der Community zu Beginn der Aids-Krise in New York Hilfe.

Rest in power to our fighter Larry Kramer. Your rage helped inspire a movement. We will keep honoring your name and spirit with action. In the spirit of ACT UP, join us and chant this (three times). #ACTUPFightbackENDAIDS #ACTUPFightbackENDAIDS #ACTUPFightbackENDAIDS pic.twitter.com/4fAqeO6STW

— ACT UP NY (@actupny) May 27, 2020

Im Jahr 1987 gründete Kramer, der selbst HIV-positiv war, die „Aids Coalition to Unleash Power“ – eine aktionistische Protestbewegung, die unter ihrer Abkürzung ACT UP schnell im ganzen Land bekannt wurde. Sie protestierte mit dem Slogan „Silence = Death“ – Schweigen bedeutet Tod – gegen die gleichgültige Politik der konservativen Reagan-Regierung. Teil des Protests waren unter anderem „Die-Ins“, bei denen sich hunderte Menschen bewegungslos auf die Straßen legten und so den Verkehr blockierten.

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Mit seinem Engagement inspirierte er unzählige andere Gruppen weltweit – und forderte Solidarität ein

Mit solchen Aktionen sorgte die Gruppe für Aufmerksamkeit und Schlagzeilen – und inspirierte ähnliche Gruppen auf der ganzen Welt. Bis in die 1990er-Jahre hatte sein Wort Einfluss in der Gesundheitspolitik der USA. Unbequem – und auch in der Community nicht unumstritten – war er bis zum Schluß.

In einem Interview mit der deutschen Tageszeitung taz kritisierte er 2006 die mangelnde Solidarität innerhalb der LGBTI-Bewegung. „Die Leute kämp­fen nicht, ich habe keine Ah­nung, warum nicht. Auf dem Hö­he­punkt von Aids, als wir ge­stor­ben sind wie ­die Flie­gen, kön­nen es nicht mehr als Zehn­tau­send ge­we­sen sein, die ­sich en­ga­giert ha­ben. In einem Land von, wer weiß, fünf, sechs, ­sie­ben Mil­lio­nen“, so Kramer.

Seine Arbeiten als Autor wurden preisgekrönt

Doch auch neben seinem Leben als Aktivist war Larry Kramer außerordentlich erfolgreich: Er wurde 1935 im US-Bundesstaat Connecticut geboren. Er besuchte die Eliteuniversität Yale und arbeitete danach zunächst in der Filmbranche. Seine Drehbuch-Adaption von D. H. Lawrence’ Roman „Liebende Frauen“ wurde 1969 sogar für einen Oscar nominiert.

Im Jahr 1985 feierte sein autobiografisch geprägtes Stück „The Normal Heart“ Premiere. Darin wird die Aids-Krise in New York aus der Sicht eines schwulen Autors erzählt. Das Stück inspirierte Massen zum Protest. Es wurde vom Royal National Theatre zu einem der 100 besten Theaterstücke des 20. Jahrhunderts gewählt. 2014 adaptierte Kramer das Stück mit Mark Ruffalo, Matt Homer und Julia Roberts in den Hauptrollen als Fernsehfilm – es gewann zwei Emmys. Auf dem Broadway gewann das Stück nach der Wiederaufnahme 2011 drei Tony-Awards.

Zuletzt schrieb er an einem Stück über schwule Männer zwischen Altern, Corona und HIV

Eines seiner letzten Projekte war eine zweiteilige Chronik über die Geschichte gleichgeschlechtlich Liebender in den Vereinigten Staaten. „Ich denke, es ist wichtig, dass wir unsere Geschichte kennen – die Geschichte darüber, wie schlecht wir behandelt wurden und wie hart wir kämpfen mussten, um zu bekommen, was wir verdienen: Gleichheit“, sagte er über dieses Projekt.

Zuletzt hat der 84-Jährige an dem Theaterstück „An Army of Covers Musst Not Die“ geschrieben. Es sollte die Geschichte von schwulen Männern erzählen, die es mit drei Plagen zu tun hatten: HIV, dem Coronavirus und Alterskrankheiten. Zu Beginn der Corona-Krise hatte er sich in Selbstisolation begeben – auch von seinem Mann, dem Architekten David Webster, der in einer anderen Stadt lebte.

Kramer und Webster waren seit 1991 zusammen, im Jahr 2013 heiratete das Paar. Nun starb Larry Kramer vier Wochen vor seinem 85. Geburtstag an den Folgen einer Lungenentzündung.

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