Freitag, 29. März 2024
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109 Buben missbraucht: 15 Jahre Haft für Urologen aus dem Salzkammergut

Außerdem soll der Mann in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen werden

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Eine harte Strafe gab es für einen 56-Jährigen aus dem Salzkammergut, dem vorgeworfen wird, insgesamt 109 Buben sexuell missbraucht zu haben: Vor dem Landesgericht Wels wurde der ehemalige Arzt zu 13 Jahren Haft verurteilt – und einer Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. 

Der Arzt soll medizinisch nicht notwendige Untersuchungen an den Burschen durchgeführt haben

Der Staatsanwaltschaft zufolge waren 40 der mutmaßlichen Opfer jünger als 14 Jahre. Insgesamt 30 Fälle sollen sich in der Ordination des ehemaligen Urologen abgespielt haben. Sehr oft ging es bei dem Missbrauch um medizinisch nicht notwendige Untersuchungen im Genital- oder Analbereich der Burschen oder Anleitungen zur Masturbation. Viele seien “überrumpelt worden” oder hätten geglaubt, dass die Handlungen medizinisch notwendig seien. 

Wie der Staatsanwalt erklärte, habe der Mann in seiner Privatordination viele Kinder behandelt, deren Eltern er gekannt hatte. Einige Opfer habe er auch beim Aufklärungsunterricht kennengelernt, wo er ihnen angeboten hatte, telefonisch für Fragen zur Verfügung zu stehen. Einigen Burschen soll er auch kleine Geldgeschenke gemacht oder sie in sein Haus am Attersee eingeladen haben. 

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Der Urologe habe sich als „eine Art Aufklärungscoach“ gesehen, sagt der Verteidiger des 56-Jährigen

Gegenüber den Jugendlichen sei der Arzt stets freundlich und locker gewesen und habe eine “ordinäre Sprache” verwendet, so die Anklage. Die Verteidigung des 56-Jährigen erklärte, dass sich dieser als “eine Art Aufklärungscoach” gesehen habe, während der Staatsanwalt in seinem Verhalten “einen Tatpan” sah, “der darauf ausgerichtet war, seine berufliche Tätigkeit für regelmäßigen Missbrauch” zu nutzen. 

In fünf Fällen geht die Anklage von schwerem sexuellem Missbrauch aus, Gutachtern zufolge haben drei Burschen schwere gesundheitliche Folgen vom Missbrauch davongetragen. Außerdem warf die Staatsanwaltschaft dem Mann vor, Personen zum Dreh von Kinderpornos angestiftet und Jugendliche mit Cannabis versorgt zu haben. 

Der Angeklagte bekennt sich „zu einem Großteil schuldig“

Der Arzt selbst bekannte sich “zu einem Großteil” schuldig: “Ich habe im Rahmen der sexuellen Aufklärung Übergriffe auf pubertierende Burschen begangen”, sagte er zu Beginn des Prozesses. Er behauptete aber, dass seine Untersuchungen sehrwohl medizinisch begründet waren. Die Fälle von schwerem Missbrauch und die Vorwürfe bezüglich der Kinderpornografie bestritt er aber. 

Sex mit Kindern habe es nicht gegeben, betonte der Verteidiger des 56-Jährigen, auch keine Gewalt oder Zwang. Vielmehr ging es um den Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses. Der Angeklagte betont, dass das Bild, das in den Medien von ihm gezeichnet wurde, nicht stimme. 

Das Schöffengericht verurteilte den Mann schließlich wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen, sexuellen Missbrauchs von Unmündigen, Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses, pornografischer Darstellung Minderjähriger und des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften. 

Zusätzlich zur Haft soll der Angeklagte in eine Anstalt eingewiesen werden

Wie die Richterin bei der Urteilsverkündung erklärte, habe der Angeklagte zwar eine sexuelle Erregung bei den Taten bestritten, Details hätten das Gericht aber zu der Ansicht gebracht, dass es diese sehr wohl gegeben hätte. Da er unter anderem seine Opfer aufgefordert habe, nichts zu erzählen, sei ihm auch das Unrecht der Strafen bewusst gewesen, so das Gericht. 

Als mildernde Gründe galten die bisherige Unbescholtenheit des 56-Jährigen, die sich der Richterin zufolge aber relativierte, weil er “fast 20 Jahre unentdeckt geblieben ist” sowie das teilweise Geständnis der leichteren Fälle. Erschwerend wurden neben dem langen Tatzeitraum die “einzigartige Dimension” der Opferzahl gewertet. 

Weil die pädosexuelle Neigung des Angeklagten einem Gutachter zufolge so stark sei, dass er sich erneut an Kindern und Jugendlichen vergreifen könnte, wurde er zusätzlich zur Haft in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Die Staatsanwaltschaft kündigte Strafberufung, die Verteidigung Strafberufung und Nichtigkeitsbeschwerde an. 

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