Mittwoch, 24. April 2024
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England: Schwuler Profi-Fußballer hadert mit einem öffentlichen Coming-Out

"Mein Herz sagt, dass ich mich outen soll. Aber mein Kopf sagt: Warum soll ich es riskieren?"

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Der offene Brief eines anonymen Fußballers aus der Premier League sorgt derzeit in England für Diskussionen: Darin schreibt er über seine Homosexualität und die damit verbundenen Probleme in seinem Leben – und, warum er sich während seiner aktiven Karriere nicht outen möchte. 

Er habe schon als Kind davon geträumt, Fußballer zu werden – und das sei ihm auch gelungen, schreibt der namhafte Spieler, der seinen Namen nicht nennen will. “Aber es gibt da etwas, was mich vom Großteil der Spieler der Premier League unterscheidet: Ich bin schwul”, schreibt er in dem Brief, der unter anderem von der britischen Boulevardzeitung The Mirror veröffentlicht wurde. 

„Ich lebe einen Albtraum, und zwar Tag für Tag“

Nur einige enge Vertraute wüssten, dass er schwul sei, und er würde seine sexuelle Orientierung auch mit der Öffentlichkeit teilen – aber: “Ich fühle mich nicht bereit, mit meinen Mannschaftskollegen oder mit dem Trainer darüber zu reden. Ich kann leider nicht ehrlich zu ihnen sein. Aber ich hoffe, dass ich das irgendwann einmal machen kann.” 

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Denn trotz aller Aktionen gegen Homophobie, die UEFA, FIFA, der britische Profifußballverband PFA oder die Premier League machen, seien die Beteiligten noch nicht bereit, einen offen schwulen Spieler oder Trainer zu akzeptieren, ist der Fußballstar überzeugt.  “Es gibt noch immer zu viele Vorurteile. Ich lebe einen Albtraum, und zwar Tag für Tag”, schreibt er in seinem Offenen Brief. 

Mit dieser Lüge zu leben, fällt ihm dabei offenbar immer schwerer: “Mein Herz sagt, dass ich mich outen soll. Aber mein Kopf sagt: Warum soll ich es riskieren? Ich fürchte, dass die Wahrheit die Sache für mich nur noch schlimmer machen würde”, zieht er eine ernüchternde Bilanz. 

Der Fußballverband erklärt sich mit dem Kicker solidarisch, will aber das Umfeld nicht homofreundlicher machen

Der englische Fußballverband erklärte sich mit dem anonymen Profi solidarisch. Er sicherte allen Fußballern, die sich outen wollen, volle Unterstützung zu, ohne dieses Versprechen zu konkretisieren. Das kritisiert der anonyme Spieler: “Was diejenigen, die das Spiel leiten, vorantreiben müssen, ist die Aufklärung der Fans, Spieler, Manager, Agenten, Klubbesitzer – im Grunde allen, die mit dem Spiel zu tun haben. Wenn ich diesen Schritt machen würde, würde ich wissen wollen, dass ich bei jedem Schritt auf meinem Weg unterstützt werde. Im Moment habe ich nicht das Gefühl, dass das so wäre.” Outen würde er sich erst nach dem Ende seiner Profi-Karriere, so der Spieler. 

Konkrete Hilfe bekommt er hingegen von der Justin-Fashanu-Foundation, die den Fußballer betreut. Diese Stiftung ist nach dem ersten offen schwulen englischen Fußball-Profi benannt. Sie wurde 2019 von Fashanus Nichte Amal ins Leben gerufen, um Diskriminierung im Fußball zu bekämpfen. 

Auch Watford-Stürmer Troy Deeney hat seine eigene Meinung zu diesem Thema: “Ich glaube, dass es in jeder Mannschaft zumindest einen schwulen oder bisexuellen Fußballer gibt”, so der 31-Jährige. “Wenn sich der erste Profi einmal outet, dann werden schnell andere Fußballer ebenfalls sagen: ,Ich auch’”, hofft Deeney, dass Fußball schon bald bunter aussehen wird. 

Erst zehn Profi-Fußballer haben sich geoutet – meistens nach dem Ende der Karriere

Denn bis jetzt haben sich nur zehn Profi-Fußballer als schwul geoutet – die meisten davon erst nach der Beendigung seiner Karriere. Neben dem Engländer Justin Fashanu 1990 waren es der Franzose Olivier Rouyer 2008, der Schwede Anton Hysén und der US-Amerikaner David Testo 2011 und Testos Landsmann Robbie Rogers 2013. 

Im Jahr 2014 outete sich der Deutsche Thomas Hitzlsperger, 2018 war es der US-Amerikaner Collin Martin, sein Landsmann Matt Pacifici folgte ein Jahr später. Letztes Jahr bestätigte der Australier Andy Brennan seine Homosexualität, vor wenigen Wochen war es der Engländer Thomas Beattie. 

Fest steht: Dieser Generation schwuler und bisexueller Fußballer soll es besser gehen als Justin Fashanu. Nachdem er sich 1990 geoutet hatte, nahm er sich acht Jahre später im Alter von 37 Jahren das Leben. In seinem Abschiedsbrief schrieb er: „Schwul und eine Person des öffentlichen Lebens zu sein, ist hart“ 

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