Freitag, 19. April 2024
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Polen: Amtsinhaber Duda gewinnt Präsidentenwahl hauchdünn

Das Land ist tief gespalten - auch wegen Dudas Sprüchen gegen sexuelle Minderheiten

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In Polen hat der rechtskonservative Amtsinhaber Andrzej Duda die Präsidentschaftswahl knapp gewonnen. Mobilisieren konnte er vor allem ältere Menschen und die Bevölkerung im Süden und Westen des Landes – auch mit homophoben Parolen, die bei den Wählern der rechtskonservativen Partei “Recht und Gerechtigkeit” (PiS) besonders gut angekommen sind. 

Nur wenige Stimmen trennen Duda von seinem Herausforderer Trzaskowski

Das Rennen um die Präsidentschaft war denkbar knapp. Wie die Nationale Wahlkommission am Montag mitteilte, kam Duda nach Auszählung von mehr als 99 Prozent der Stimmen bei der Stichwahl auf 51,2 Prozent, auf seinen liberalkonservativen Herausforderer Rafał Trzaskowski entfielen 48,8 Prozent. 

Die noch nicht ausgezählten Stimmen würden das Ergebnis nicht mehr maßgeblich ändern, so die Kommission. Allerdings wird erwartet, dass die unterlegene Partei das Ergebnis anfechtet, da es während der Wahl mehrere Berichte über angebliche Manipulationen gegeben hat. 

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Das Ergebnis zeigt, wie tief Polen mittlerweile gespalten ist

“Das Land ist tief gespalten. Die Ergebnisse variieren enorm je nach Region, Bildung und Beruf, Alter oder ob jemand im Ausland oder Inland lebt. Die Wahlbeteiligung spricht jedoch für eine lebendige Demokratie, die bewusst ihre Stimme erhebt und immer mehr gegen die Politik der letzten 5 Jahre aufbegehrt”, analysiert Ewa Ernst-Dziedzic, aus Polen stammende Vize-Klubchefin der Grünen, zu deren Agenden auch Außenpolitik und LGBTi-Themen gehören. 

Der Wahlsieg Dudas wird die Vormachtstellung der PiS in Polen wohl weiter festigen – seit Jahren baut die Partei das Land nach ihren Vorstellungen um. Deren Eingriffe in die Medienfreiheit und das Justizsystem wurden auch von der Europäischen Union deutlich kritisiert. 

Im Wahlkampf hat Duda erklärt, LGBT wären keine Menschen, sondern eine „Ideologie“

Seinen knappen Sieg hat Duda wohl auch der Mobilisierung der treuen PiS-Wähler zu verdanken: So betrug die Wahlbeteiligung trotz der Coronavirus-Epidemie bei 67,9 Prozent – mehr als zehn Prozentpunkte mehr als bei der Stichwahl 2015. Und mobilisiert hat Duda seine Wähler auch mit offener Homophobie im Wahlkampf. 

So hat Duda erklärt, LGBT seien keine Menschen, sondern eine “Ideologie”, die zerstörerischer sei als der Kommunismus. “Der beste Beweis, dass es sich um eine Ideologie handelt, ist, dass es Menschen mit homosexuellen Präferenzen gibt, die sich mit dieser Bewegung und Ideologie nicht identifizieren”, erklärte der PiS-Politiker bei der Wahlkampfveranstaltung in Brzeg. 

Mit Duda ist Polen auf dem besten Weg zur „LGBT-ideologiefreien Zone“

Das kommt im konservativen Polen gut an, wo sich vier Woiwodschaften, 18 Bezirke und 16 Gemeinden des Landes im Süden und Osten des Landes als “LGBT-ideologiefreie Zone” deklariert haben. In den letzten Wochen hatte der im Wahlkampf angekündigt, LGBT-freundliche Inhalte an Schulen zu verbieten und einen Gesetzesentwurf an das Parlament weitergeleitet, der die Adoption von Kindern für schwule und lesbische Paare durch eine Verfassungsänderung verbieten soll. LGBT-Aktivistinnen und Aktivisten fürchten bereits eine Hetzjagd gegen sexuelle Minderheiten in Polen.

Mit solchen Aktionen erreicht Duda ausschließlich PiS-Wähler: Bei einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos für das Portal OKO.press fühlten sich 82 Prozent der PiS-Wähler von der “LGBT-Ideologie” bedroht – bei Anhängern aller anderen Parteien lag dieser Wert deutlich unter 50 Prozent, sogar bei der konservativen Volks- und Bauernpartei PSL fürchteten sich nur 19 Prozent. 

Doch das starke Abschneiden seines Gegenkandidaten muss für Duda Konsequenzen haben, so Ernst-Dziedzic: “Knappe 10 Millionen Stimmen für Rafał Trzaskowski sind eine starke Botschaft für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Frauenrechte und gegen Diskriminierung von LGBTIQ Personen. Es liegt in unser aller Verantwortung europäische Grundwerte vom Mitgliedstaat einzufordern und das moderne Polen auf seinem Weg aus der konservativen, antieuropäischen Politik zu begleiten”, erklärt sie. 

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