Freitag, 19. April 2024
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Schweiz erleichtert Änderung des Geschlechtseintrags

Nationalrat beschließt einen entsprechenden Geschlechtsentwurf mit deutlicher Mehrheit

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In der Schweiz hat der Nationalrat letzten Donnerstag mit großer Mehrheit für eine einfachere Änderung des Geschlechtseintrags gestimmt. 121 Abgeordnete stimmten dafür, dass trans und inter Personen künftig leichter ihren Personenstand ändern können, 61 waren dagegen. Bereits im Juni hatte der Ständerat als Vertretung der Kantone dem Gesetzesentwurf zugestimmt.

Je nach Kanton kostet die Änderung derzeit bis zu 1.000 Franken – künftig nur mehr einen Bruchteil

Derzeit ist die Änderung des rechtlichen Geschlechts und des Vornamens in der Schweiz ein aufwändiges gerichtliches Verfahren – verbunden mit hohen Kosten bis zu 1.000 Franken und unterschiedlichen Voraussetzungen wie medizinischen Untersuchungen, je nach Kanton.

Künftig soll der Personenstand mit einer einfachen Erklärung vor dem Zivilstandsamt geändert werden können – ohne medizinische Auflagen oder psychologische Gutachten, um 75 Franken. Minderjährige brauchen dafür künftig auch nicht mehr die Zustimmung ihrer Erziehungsberechtigten, wenn es nach dem Nationalrat geht. 

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Trans- und Intergeschlechtlichenverbände begrüßen die Initiative

Durch die Neuregelung werde es „trans und intergeschlechtlichen Menschen erleichtert, Dokumente zu erhalten, die ihre gelebte Geschlechtsidentität widerspiegeln“, so die die Organisationen InterAction Suisse und Transgender Network Switzerland (TGNS) im Juni in einer gemeinsamen Pressemitteilung.

Das habe große Auswirkungen auf den Alltag der Betroffenen, „werden sie doch sonst mit jedem Vorzeigen eines Ausweises, Zeugnisses, etc. gezwungen, sich zu outen“, so die beiden Verbände weiter.

Der Nationalrat strich die Zustimmungspflicht der Eltern bei Minderjährigen

Allerdings kritisierten die Verbände, dass in dem vom Ständerat verabschiedeten Gesetzesentwurf für Minderjährige und Personen unter gesetzlicher Vormundschaft eine Zustimmungspflicht gebe, was eine Verschlechterung zum Status Quo bedeute. Nun stimmte der Nationalrat für eine Gesetzesversion, aus der diese Zustimmungspflicht bei urteilsfähigen Minderjährigen gestrichen wurde.

Auch sonst zeigte sich das Schweizer Parlament in dieser Frage von seiner liberalen Seite: Abgelehnt wurde unter anderem ein Antrag, dass für eine Änderung des Geschlechtseintrags „achtenswerte Gründe“ vorliegen müssten.

„Wir sind unendlich erleichtert, hat sich der Nationalrat nicht in die Irre leiten lassen, sondern erkannt, dass ein falscher Geschlechtseintrag auch Minderjährige der Gefahr von Mobbing, Diskriminierung und Suizid aussetzen würde“, so Alecs Recher, Leitung der Rechtsberatung von TGNS.

Einen dritten Geschlechtseintrag gibt es in der Schweiz noch nicht

Der Ständerat muss im nächsten Schritt über die Unterschiede zwischen den beiden Gesetzesentwürfen beraten und entscheiden. Nun liege es an ihm, „diese Fakten anzuerkennen und sich gleichfalls für einen tatsächlichen Schutz der Minderjährigen auszusprechen, indem er die Vorlage ohne das gefährliche Zustimmungserfordernis gutheißt“, so Henry Hohmann, TGNS-Beauftragter für Politik.

Der Gesetzesentwurf betrifft nur Änderungen des rechtlichen Geschlechts von männlich auf weiblich oder umgekehrt. Eine dritte Geschlechtsoption wie beispielsweise in Österreich gibt es in der Schweiz derzeit noch nicht. 

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