Donnerstag, 25. April 2024
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Auch Ungarn hat seine erste „LGBT-freie Zone“

Kleinstadt verbietet das „Verbreiten und Fördern von LGBTQ-Propaganda“

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Auch Ungarn hat seine erste „LGBT-freie Zone“: Die Kleinstadt Nagykáta, etwa 50 Kilometer östlich von Budapest, hat Anfang November eine Resolution verabschiedet, die das „Verbreiten und Fördern von LGBTQ-Propaganda“ in dem 12.700 Einwohner zählenden Ort verbietet.

Bei LGBTIQ handelt es sich um eine „gewählte Orientierung“ und eine „liberale Ideologie“

Ákos Szabó von der rechtsnationalen Unabhängigen Partei der Kleinlandwirte, der Landarbeiter und des Bürgertums (FKgP) hatte erklärt, bei LGBTIQ handle es sich um eine „liberale Ideologie“ und eine „gewählte Orientierung“- und die würden in Nagykáta offenbar nicht gerne gesehen. Rechtliche Auswirkungen hat die Erklärung der Kleinstadt nicht, doch sie ist ein besorgniserregendes Zeichen.

Anlass für die Resolution ist offenbar die Veröffentlichung des Märchenbuchs „Meseország mindenkié“ („Märchenland für alle“), bei dem traditionelle Märchen in modernem Kontext erzählt werden – unter anderem auch mit LGBTI-Figuren. Die rechtskonservative Politikerin Dóra Dúró empörte sich öffentlich über diese „Homo-Propaganda“ und steckte das Buch medienwirksam vor laufenden Kameras in den Reisswolf.

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In Polen ist fast ein Drittel des Landes eine „LGBT-freie Zone“

Bis jetzt waren solche Erklärungen nur aus Polen bekannt – dort haben sich seit Anfang 2019 zahlreiche Woiwodschaften, Bezirke und Gemeinden in Polen zu „LGBT-ideologiefreien Zonen“ erklärt. Die Fläche dieser Regionen, die vor allem im Süden und Osten des Landes liegen, nehmen mittlerweile fast ein Drittel der Fläche Polens ein.

Dass Ungarn nachzieht, war für Kenner der Situation nicht überraschend. „Es hat länger gedauert als erwartet“, kommentierte Rémy Bonny, Experte für LGBTI-Themen in Osteuropa, auf Twitter. Seiner Meinung nach sei nun „Zeit für die Europäische Union aufzuwachen“.

Auch die ungarische Verfassung wurde LGBTI-feindlicher

Denn die Lage für LGBTI in Ungarn wird immer prekärer: Mitte November hat die Regierung in Budapest eine Verfassungsänderung und einige Gesetzesänderungen präsentiert, die auf die Kosten sexueller Minderheiten gehen.

So heißt es in der Verfassung unseres Nachbarlandes, dass „die Mutter eine Frau ist und der Vater ein Mann“. Adoptionen sollen nur für (heterosexuelle) Ehepaare möglich sein. Das Geschlecht eines Menschen soll einzig jenes sein, dass er zum Zeitpunkt seiner Geburt habe – was sich explizit gegen trans Menschen und Intersexuelle richtet. 

Weiters wird in der Verfassungsänderung betont, dass Ungarn die Bildung an Werten ausrichte, „die auf der verfassungsmäßigen Identität Ungarns und der christlichen Kultur beruhen“. Die ungarische LGBT-Organisation Háttér befürchtet deshalb, dass das eine inklusive Sexualaufklärung an ungarischen Schulen praktisch unmöglich machen könnte.

Konsequenzen hat dieses Verhalten des ungarischen Staates nicht: Denn die Verknüpfung von EU-Geldern an die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien konnten Ungarn und Polen im Dezember erfolgreich aufweichen – bis zu einer ersten Entscheidung könnten so noch mehrere Jahre vergehen.

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