Keine LGBTI-Themen mehr: Polen streitet um neues Schulgesetz

Gestern wurde im Parlament über das umstrittene Gesetz diskutiert - mit herber Kritik durch die Opposition

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Die Idee erinnert ein wenig an die Folgen der Causa „TeenSTAR“ in Österreich – mit einem Hauch von Gesetzen gegen „Homo-Propaganda“, wie es sie in Russland oder Polen gibt: Im Rahmen einer Bildungsreform soll es Vereinen, Verbänden oder Initiativen verboten werden, an Schulen eine LGBTI-inklusive Sexualerziehung anzubieten oder queere Themen anzusprechen. Direktor:innen, die sich nicht an die neuen Regeln halten wollen, sollen entlassen werden können, so das Gesetz.

Die nationalkonservative Regierung will mit der Bildungsreform mehr Kontrolle

Das Verbot ist Teil einer Bildungsreform, mit der Bildungsminister Przemyslaw Czarnek auch dem polnischen Bildungssystem den Stempel der nationalkonservativen Regierung aufdrücken will. Polnische Medien sprechen deshalb bereits von einem „Lex Czarnek“. Mitte November 2021 passierte die Gesetzesvorlage den polnischen Ministerrat.

Die Bildungsreform stärkt die Position der Schulinspektor:innen, die mehrere Schulen leiten: So müssen sie es künftig genehmigen, wenn externe Vereine oder Organisationen im Unterricht hinzugezogen werden, etwa zur Sexualerziehung. Die Direktor:innen müssen sich zuvor genau über den Ablauf des Unterrichts und die Materialien informieren. 

Außerdem müssen bei minderjährigen Schüler:innen die Eltern, sonst die volljährigen Schüler:innen selbst der Aktivität durch Vereine oder Organisationen schriftlich zustimmen. Und auch, wenn alle Zustimmungen vorliegen, kann die Veranstaltung durch die Schulinspektor:innen noch immer verboten werden, wenn die Themen nicht genehm sind.

Nun streitet das Parlament über den Gesetzesentwurf

Der Bildungsausschuss des Parlaments hat den Gesetzesentwurf letzte Woche durchgewunken, gestern sollte darüber im Sejm, der ersten Kammer des Parlaments abgestimmt werden. Doch dazu kam es nicht: Aufgrund der vielen Änderungsanträge der Opposition wurde der Antrag wieder an den Bildungsausschuss zurückverwiesen. Dieser verhandelt bereits heute seit 10.00 Uhr über das Gesetz.

Nach der Annahme durch den Sejm geht der Gesetzesentwurf an den Senat, die zweite Kammer des polnischen Parlaments. Dieser wird vermutlich dagegen stimmen. Damit liegt die letzte Entscheidung bei Präsident Andzej Duda. Es wird erwartet, dass Duda, der in seinem letzten Wahlkampf auch auf Kosten der LGBTI-Community auf Stimmenfang gegangen ist, die ultrakonservative Bildungsreform unterstützt.

Kritik an der „Lex Czarnek“ kommt unter anderem vom Polnischen Städtebund. Er sieht in der konservativen Bildungsreform „einen Angriff auf freie, selbstverwaltete, offene und moderne Schulen“.